"Interstellar": Rettung aus dem Weltall

Ist das mehr als Schmalspurwissenschaft im Kino-Breitwandformat? Diese durchaus berechtigte Frage wirft der neue Film des britischen Regisseurs Christopher Nolan auf.

Das Science-Fiction-Drama "Interstellar" wagt sich einmal mehr in die Weiten des Weltraums, um die Menschheit zu retten, um Erkenntnisse aus der Relativitätstheorie mit einer gewagten Erzählkonstruktion und mehreren Schauspielstars zu verbinden. Neben Oscar-Preisträger Matthew McConaughey als wagemutiger Astronaut sind Anne Hathaway und Michael Caine zu sehen.

Astronauten

WARNER BROS.

Mittagsjournal, 4.11.2014

Was ist ein Wurmloch? Die Erklärung im Film "Interstellar" ist verblüffend: Ein Mann macht auf ein Din-A4-Blatt am oberen und unteren Rand je ein Kreuz - die Linie zwischen beiden simuliert eine Strecke, für die man viel, viel Zeit brauchen würde. Dann faltet der Mann das Blatt so, sodass beide Kreuze deckungsgleich sind und sticht mit einem Bleistift durch. So ungefähr muss man sich ein Wurmloch vorstellen. Der Raum faltet sich, und man kann durch das Loch quasi eine Abkürzung nehmen. Gut möglich, dass sich jetzt Fachkundigen der Magen umdreht, dennoch sei ihm die wissenschaftliche Fundierung seines Films "Interstellar" besonders wichtig gewesen, so Regisseur Christopher Nolan.

Familie oder Allgemeinheit?

Ohnehin bleibt für umfangreiche Erklärungen keine Zeit. Der Planet Erde ist fast zerstört, die Menschheit vor der Ausrottung. Soll der Pilot Cooper (Matthew McConaughey) durch ein Wurmloch fliegen und in einer anderen Galaxie nach einem bewohnbaren Planeten suchen oder soll er bei seiner Tochter bleiben? Familie oder Allgemeinheit?

Ein Loyalitätskonflikt, der den Film bis zum Schluss prägen wird. Cooper fliegt aber auch durch die Philosophiegeschichte, denn unterwegs wird die Crew mit alten Menschheitsfragen konfrontiert. Was kann man wissen? Was darf man wissen? Wann wäre es besser, etwas nicht zu erkennen? Ist Liebe mehr als wir je verstehen können?

Referenzquelle Kubrick

Regisseur Nolan steigert sich in einen wahren Bilderrausch hinein. Der Weltraum gibt ja diesbezüglich einiges her. Und sosehr Nolan digitale Kraftanstrengung mit überbordender Fantasie paart, sosehr beruft er sich auf eine Referenzquelle in der Filmgeschichte: Stanley Kubricks "2001 - Odyssee im Weltraum".

Mit Skepsis blickt der Film auf die Menschheit, auf die ökologische Verwüstung, auf die Ambivalenz von Wissenschaft, auf Selbstüberschätzung, die triumphal und ebenso katastrophal sein kann. Nolan forciert aber auch das, was Science-Fiction ausmacht: Vorstellungsräume und Visionen erdenken, die die Wissenschaft fordern und herausfordern. Von der Lust an der Spekulation lebt das Genre, auch in "Interstellar" kommt sie nicht zu kurz.

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