Hörspiel von Elfriede Jelinek

Die Schutzbefohlenen

Sie nimmt sich kein Blatt vor den Mund. Sie reagiert mitunter schnell, nennt die Dinge beim Namen, zeigt Missstände auf - und bleibt ihren künstlerischen und ästhetischen Ansprüchen dennoch treu.

Elfriede Jelinek, Literaturnobelpreisträgerin aus Österreich, thematisiert seit Jahrzehnten die brennenden Fragen der Zeit. Sie schreibt Texte über Prostitution und Pornografie, über die Auswüchse des Raubtierkapitalismus, über das ungleiche Verhältnis von Mann und Frau. Nun hat sich Elfriede Jelinek den Asylsuchenden zugewandt. Jenen, die auf Lampedusa stranden, jenen, die in Auffanglagern ausharren und vor allem auch jenen, die ihren Wunsch nach einem besseren Leben mit dem Tod bezahlen.

Asylwerber in der Votivkirche

(c) APA/HERBERT NEUBAUER

… Retten Sie sich vor uns! …

Aktueller Anlass für Elfriede Jelineks Stück, das der Bayerische Rundfunk gemeinsam mit dem ORF produziert hat, ist die Besetzung der Wiener Votivkirche durch ein paar Dutzend Flüchtlinge zu Weihnachten 2012. Die Aktion hatte eine veritable innenpolitische Krise ausgelöst.

Warum, fragt Jelinek, macht Österreich per Ministerratsbeschluss Spitzensportler/innen, eine weltberühmte Sopranistin, die Tochter des ehemaligen russischen Präsidenten Boris Jelzin und andere Berühmte und Betuchte ohne Federlesens zu österreichischen Staatsbürger/innen, während das Land Flüchtlingen und Verfolgten den Aufenthalt verwehrt? "Wieso dürfen die und wir nicht?", lässt Jelinek die Asylwerber/innen fragen. Das Land, so Jelinek, bevorzugt jene die "was haben" und "nicht da" sind. Flüchtlinge hingegen, die "da sind" und "nichts haben", werden wie ein "Fettfleck" entfernt.