Im Journal zu Gast: Irmgard Griss
Der Endbericht der Hypo-Untersuchungskommission zur Hypo Alpe Adria hat diese Woche für Aufregung gesorgt. Vorsitzende der Kommission war die ehemalige Höchstrichterin Irmgard Griss aus Graz. Ihre schonungslose Abrechnung mit der Politik in der Causa Hypo sorgt für breite öffentliche Anerkennung, sie hat es zweifellos geschafft, die Vorbehalte, mit denen ihr begegnet wurde, als sie die Arbeit aufgenommen hat, abzuschütteln. Heute wird sie im Internet gar als Präsidentschaftskandidatin gehandelt. "Das ist schmeichelhaft, aber man muss am Boden bleiben", sagt Griss dazu in der Ö1-Reihe "Im Journal zu Gast".
8. April 2017, 21:58
APA/HERBERT NEUBAUER
Mittagsjournal, 6.12.2014
Selten ist der Bericht einer Untersuchungskommission in der Bevölkerung so positiv aufgenommen worden, wie der zur Hypo Alpe Adria. Vorsitzende der Kommission war die ehemalige Höchstrichterin Irmgard Griss aus Graz. Im Ö1-„Journal zu Gast“ sagt sie zum Umgang der damals Beteiligten mit den im Bericht aufgezeigten Fehlern: „Das war ja nur die erste Reaktion, die wir jetzt erlebt haben. Ich bin schon zuversichtlich, dass sich die Beteiligten den Bericht genau anschauen werden, überlegen werden und dann vielleicht doch etwas für sich annehmen können, was in der Zukunft dann zu einem anderen Verhalten führt.“
Für die Glaubwürdigkeit von Politikern wäre ein Eingeständnis, dass das nicht optimal gelaufen ist, sicher gut, meint die Kommissionsvorsitzende. Aber: „Noch viel wichtiger ist aus meiner Sicht, dass man sagt ‚In Zukunft werden wir es anders machen‘.“
Griss erklärt die Nicht-Nennung von Namen im Bericht damit, dass die nur vom eigentlichen Problem ablenken würden: „Es mussten 2009 in einem ganz schwierigen Umfeld Entscheidungen von ganz großer Tragweite getroffen werden. Da muss man sich überlegen, inwieweit unser politisches System dazu geeignet ist, dass die in dieser Zeit handelnden Personen, diese Entscheidungen nach bestem Wissen und Gewissen treffen können.“
Natürlich gibt es auch für Politiker eine moralische Verantwortung, wie für jeden Menschen, meint Griss. „Aber das ist doch eine Sache des einzelnen Menschen, wie weit er sein Handeln an bestimmten Maßstäben misst, sich verantwortlich fühlt und daraus Konsequenzen zieht.“
Konkrete Konsequenzen, die ihr Bericht nach sich ziehen könnte, benennt Griss nicht: „Ich bin schon sehr froh, dass er von vielen gelesen wird. Mich freut auch, dass Leute sagen: ‚Ich hab mich so geärgert über die Hypo und Wut in mir verspürt. Aber wenn ich jetzt den Bericht anschau, verstehe ich halbwegs, was da gelaufen ist.‘“
Die Wut der Menschen kann Griss nur zu gut nachvollziehen. „Das sind solche Summen und dass es da nicht zu stärkeren Reaktionen kommt, ist nur darauf zurückzuführen, dass sich das ja niemand mehr vorstellen kann. Wer weiß denn, was eine Milliarde Euro wirklich bedeutet?“
Zu ihrer monatelangen, ehrenamtlichen Arbeit am Hypo-Bericht sagt Griss: „Ich bekomme eine Pension. Warum soll ich das gegen Bezahlung machen? Ich habe mein ganzes Leben für den Staat gearbeitet. Es ist ja auch nicht so schlecht, wenn man etwas zurückgeben kann.“
Griss hat eine beeindruckende Karriere gemacht. Die Grazerin, Jahrgang 1946, war nach dem Jus-Studium ein Jahr an der Havard Law School, legte die Anwaltsprüfung ab, wurde dann aber doch Richterin - und zwar u.a. am Handelsgericht und Oberlandesgericht. Sie war die erste Präsidentin des Obersten Gerichtshofes, dieses Amt hatte sie von 2007 bis 2011 inne. Ihre Selbstbeschreibung: „Wenn ich eine Aufgabe habe, bemüh ich mich, sie so gut wie möglich zu machen. Das betrifft alle Bereiche.“
Homestories werde es von ihr keine geben, sagt Griss. „Ich habe überhaupt keinen Grund, das zu tun. Was hätte denn das für einen Sinn? Was bringt denn das für die Sache? Wichtig ist es, dass sich in der Sache was tut, dass sich etwas ändert.“
Griss erfährt derzeit breite öffentliche Anerkennung, im Internet wird sie gar als Präsidentschaftskandidatin gehandelt. „Das freut mich, ich nehme das als Kompliment, aber es zeigt auch die Fokussierung auf Personen. Wir waren fünf Leute, eine ganze Kommission, nicht ich allein. Alle haben sich sehr stark eingebracht.“ Also nichts mit „Griss for president“? „Das ist schmeichelhaft, aber man muss am Boden bleiben.“