Datenschutz schützt Firmen

Wer besonders viele Umweltgifte ausstößt, das bleibt aus Datenschutz-Gründen oft geheim. Das Amtsgeheimnis soll nun gelockert werden; Experten und auch ein Richter kritisieren, dass der Datenschutz Unternehmen zu sehr schützt. Auch Bürger- oder Journalisten-Fragen nach öffentlichen Aufträgen und Förderungen bleiben mit dem Verweis auf Amtsgeheimnis und Datenschutz oft unbeantwortet.

Morgenjournal, 9.12.2014

Der Kärntner Hexachlorbenzol-Skandal hat indirekt deutlich gemacht, wie der Datenschutz Firmen schützt. Der Kärntner Umweltlandesrat Rolf Holub wollte zunächst den mutmaßlichen Verursacher, die Wietersdorfer Zementfabrik nicht namentlich nennen, einer der Gründe: "damit ich auch nicht geklagt werde unter Umständen. Also wir passen bei Datenschutz und Amtsgeheimnis sehr genau auf."

Erst als sich die Wietersdorfer selbst als wahrscheinlicher Hexachlorbenzol-Emmittent geoutet haben, hat der Landesrat sie namentlich genannt.

Unzufrieden mit dem Datenschutz für Unternehmen ist auch der Umweltrechtsexperte Wolfgang Helm. Er ist Richter am Wiener Landesverwaltungsgericht und sagt, manchmal werde sogar versucht, den Gerichten Daten vorzuenthalten: "Es ist regelrecht modern geworden, sich auf den Datenschutz zu berufen, wenn eine Behörde keine Auskunft geben will. Das hat einige Konstruktionsfehler dieses Datenschutzgesetz."

Und auch der Uni-Professor und Datenschutz-Experte Daniel Ennöckl versteht nicht, warum das Datenschutzrecht in Österreich Firmen, also juristische Personen sogar besser schützt als Staatsbürger, denn: "Ein Unternehmen hat keine Privatsphäre. Ein Unternehmen hat eine Machtsphäre, eine Interessenssphäre aber keinen Privatlebensbereich."

Und Ennöckl sagt bezugnehmend auf ein EuGH-Urteil:
"Hier gehen wir in Österreich hinsichtlich des Schutzes der Unternehmen weitaus weiter als es die meisten anderen EU-Staaten tun." Nicht nur was den Ausstoß von Umweltgiften betrifft, wirkt sich der Datenschutz aus, sondern auch bei Förderungen und öffentlichen Aufträgen. Richter Helm: "Es kann glaub ich niemand bestreiten, dass es für die Öffentlichkeit sehr wohl von Interesse ist, in welchem Ausmaß gestattet wird, die Luft, den Boden, das Wasser zu verschmutzen und in welchem Ausmaß öffentliche Gelder aller Steuerzahler an ein landwirtschaftliches Großunternehmen oder wen auch immer gehen."

Datenschutz-Experte Ennöckl findet es sollten auch öffentliche Aufträge transparent sein, was sie wohl auch nach der geplanten Aufweichung des Amtsgeheimnisses nicht wären: "Da hab ich dann nicht die Möglichkeit nachzuprüfen, ob eine Parteispende einen Vorteil bringt und ein bestimmtes Unternehmen bei öffentlichen Aufträgen bevorzugt wurde."

Rofl Holub, Umweltlandesrat in Kärnten meint: "Die Menschen haben ja ein Recht darauf, zu wissen was sie einatmen und da muss der Gesetzgeber in die Richtung gehen."

Aber das Bundeskanzleramt verteidigt in einer ersten Reaktion die Regelung. Wenn Gesundheits-Gefahren abgewendet werden müssen, dann dürfe ohnehin veröffentlicht werden, wieviel Schadstoffe ein Betrieb ausstößt, heißt es sinngemäß. Andere EU-Staaten würden Firmeninteressen schützen, durch Regelungen über Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse - Österreich setze eben auf den Datenschutz. Eine Gesetzesänderung scheint also nicht geplant zu sein. Kanzler Werner Faymann hat vergangene Woche betont, dass die Interessen von Einzelpersonen und Betrieben gewahrt werden sollen - wenn es um Amtsgeheimnis und Datenschutz geht.