HCB: Vorwürfe gegen AGES

Im Hexachlorbenzol-Skandal haben der Kärntner Landeshauptmann Kaiser und Gesundheitsministerin Oberhauser (beide SPÖ) heute die Lebensmittelaufsicht in Schutz genommen. Als im März erhöhte HCB-Werte in Milch gemessen wurden, hätten die Gesundheitsagentur Ages und auch die Kärntner Gesundheitsbehörde korrekt gehandelt. Es habe damals nicht die Bevölkerung informiert werden müssen. Die Umweltorganisation Greenpeace aber sieht das etwas anders und sagt nun, bei der Ages hätten alle Alarmglocken läuten müssen.

Mittagsjournal, 12.12.2014

Eines räumt Greenpeace ein: Es stimme vermutlich, dass Görtschitztaler Topfen und Ricotta-Käse im März nicht aus dem Handel genommen werden mussten, sagt Greenpeace-Chemiker Herwig Schuster. Wahrscheinlich sei der HCB-Grenzwert umgerechnet auf Rohmilch tatsächlich nicht überschritten gewesen.

Aber die Gesundheitsagentur Ages habe auch Informationen gehabt über Rohmilch eines Bauern, wo der Grenzwert überschritten gewesen sei. Die Ages als halb-öffentliche Einrichtung hätte da die Bevölkerung informieren müssen, findet Schuster: ein HCB-Wert in der Milch hätte bei der Ages alle Alarmglocken aktivieren müssen.

Gestern hatte Greenpeace gegenüber der Ages sogar einen Vertuschungsvorwurf erhoben, so hart formuliert Herwig Schuster heute allerdings nicht.

Das Gesundheitsministerium versucht neuerlich zu beruhigen. Der Leiter des Bereiches Verbrauchergesundheit Ulrich Herzog meint sinngemäß, selbst eine Grenzwertüberschreitung bedeute noch keine Gesundheitsgefahr. Die Ages habe in diesem Fall auch nur als privater Auftragnehmer den Ricotta-Käse eines deutschen Bio-Herstellers untersucht. Herzog geht davon aus, dass der Ricotta dann zwar wegen der strengeren Regeln für Bioprodukte nicht als bio in den Handel gekommen ist, sehr wohl aber als konventionelles Produkt.

Auch Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) hat Ages und Behörden verteidigt, sie überlegt aber für künftige Grenzwertüberschreitungen in Lebensmitteln eine Zentralstelle einzurichten, die für alle Bundesländer zuständig sein soll.

Dazu brauche sie allerdings die Unterstützung und Zustimmung der Länder, die derzeit als mittelbare Bundesverwaltung diese Aufgabe übernehmen. Allerdings wäre nach den Messungen in Topfen und Ricotta im März eine solche neue Stelle nicht zuständig gewesen, weil zumindest formal gesehen die Grenzwerte nicht überschritten waren, räumt auch Oberhauser ein. Greenpeace-Chemiker Schuster begrüßt die Pläne für eine zentrale Stelle. Meist würden Lebensmittel ja nicht nur in einem Bundesland sondern österreichweit verkauft.

Übrigens: Auch in Niederösterreich könnte das giftige und krebserregende Hexachlorbenzol nun zu einem großen Thema werden. Wie die Wietersdorfer Zementfabrik hat nämlich auch die Firma Wopfinger aus dem niederösterreichischen Piestingtal Blaukalk aus Kärnten bezogen und gebrannt. Und zwar ebenfalls von der Deponie der Donau Chemie in Brückl. Betont wird aber, dass man als einziges Zementwerk weltweit eine thermische Nachverbrennung in Betrieb habe. Bei 900 Grad Celsius müsste dadurch HCB im Abgas zerstört werden. Trotzdem hat Wopfinger nun sicherheitshalber die Blaukalkverbrennung gestoppt, um weiter Entwicklungen abzuwarten. In ein bis zwei Wochen sollen in der Region Bodenproben entnommen werden.