Caritas kämpft gegen Folgen von Energiearmut

Rund 300.000 Österreicher spüren den Kälteeinbruch derzeit besonders, denn sie müssen beim Heizen sparen. Der Grund dafür ist meist ein Zusammenspiel aus niedrigen Einkommen, hohen Energiekosten und desolaten Wohnungen. In einem Pilotprojekt haben Wissenschaftler drei Caritas-Initiativen gegen Energiearmut untersucht.

Mittagsjournal, 27.12.2014

Physische und psychische Belastungen

Wer die Wohnung im Winter nie wärmer als 15 oder 16 Grad heizt, bekommt langfristig gesundheitliche Probleme, sagt Sylvia Mandl vom Österreichischen Institut für nachhaltige Entwicklung: "Atemwegserkrankungen, Herzerkrankungen, Asthma besonders bei Kindern, wenn es in Wohnungen durch unzureichende Dämmungen oder Sanierungen zu Schimmelbildung kommt." Energiearmut führe außerdem zu erheblichen psychischen Belastungen: "Wenn ich früher schlafen gehen muss, weil ich mir keine ausreichende Beleuchtung oder Beheizung leisten kann, wenn ich keine Freunde zu mir nach Hause einladen kann, weil es zu kalt und zu dunkel ist - all das kann auch noch Depressionen weiter verstärken."

Um diesen Folgen vorzubeugen hat die Caritas in drei verschiedenen Projekten Energieberatungen angeboten und fallweise auch Stromfresser wie alte Kühlschränke ausgetauscht. Insgesamt 400 Haushalte waren Nutznießer dieser Projekte, die wissenschaftlich begleitet wurden - wie etwa vom Soziologen Karl-Michael Brunner von der Wirtschaftsuniversität Wien: "Ein Drittel der Menschen musste in Wohnungen leben, die von Schimmel befallen waren, 13 Prozent der Menschen mussten mit Situationen leben, wo ihnen Strom und Gas abgedreht worden ist." Er sei von den Bedingungen, unter denen Menschen in Österreich heutzutage noch leben müssen, überrascht gewesen, so Brunner.

"Programm gegen Energiearmut notwendig"

Für die meisten Teilnehmer der Projekte hatte sich die Situation nach einem Jahr gebessert, sagt Sylvia Mandl vom Österreichischen Institut für nachhaltige Entwicklung: "Was wir gesehen haben, ist, dass sich der Energieverbrauch - er war zuvor schon niedriger als der Durchschnitt - noch ein Stück reduziert hat. Es sind mehr Energiesparlampen und LEDs in den Haushalten zur Verfügung gewesen."

Die Betroffenen konnten ihre Situation zwar bis zu einem gewissen Grad, stießen aber auch an Grenzen. Die Wissenschaftler haben Vorschläge für Maßnahmen gegen Energiearmut erarbeitet. Einige sind zwar nicht neu, aber bis heute nicht umgesetzt - etwa die Erhöhung der Sanierungsquote im Wohnbau oder der Vorschlag, es zu verbieten, Haushalten im Winter Strom und Gas abzudrehen.

Es brauche ein österreichweites Programm gegen Energiearmut, sagt Soziologe Karl-Michael Brunner. Dafür müsse aber erst geklärt werden, wer nun politisch für Energiearmut zuständig ist. Derzeit rangiere das Thema zwischen Sozial-, Umwelt-, Gesundheits- und Wirtschaftsministerium.