Rätsel nach Anschlag in Istanbul

Einen islamistischen Hintergrund vermuten nun auch die türkischen Behörden nach dem Selbstmordanschlag vom Dienstag in Istanbul. Die Attentäterin hat einen Polizisten mit in den Tod gerissen. Zunächst war von einer linksextremen Gruppe die Rede, die sich angeblich zu dem Anschlag bekannt hat. Möglicherweise eine Fehlinformation.

Morgenjournal, 9.1.2015

Aus Istanbul,

Falsche Fährte

Das Bekennerschreiben war möglicherweise genauso falsch wie die anfänglichen Angaben der Behörden wonach es sich bei der Attentäterin um ein bekanntes Mitglied einer linksextremen Gruppe gehandelt hat. Der Geheimdienst untersucht jetzt eine eventuelle Verbindung der Attentäterin zur Al-Kaida und zur Terrormiliz Islamischer Staat berichtet die Zeitung Hürriyet. Auch die Identität der Terroristin sei inzwischen festgestellt worden. Es soll sich um eine aus Russland stammende Frau handeln will die Nachrichtenagentur DHA erfahren haben. Dazu würden auch Aussagen eines Taxilenkers passen, der die Frau kurz vor dem Anschlag in das Touristenviertel SultanAhmet gefahren haben will.

Offiziell halten sich die Behörden zu all diesen Theorien zurück. Fest steht: dass eine verschleierte Frau eine Polizeistation in unmittelbarer Nähe der weltberühmten Hagia Sophia betreten hat und dann an ihrem Körper befestigten Sprengstoff zur Explosion brachte. Der türkische Präsident Tayyip Erdogan hat diesen Anschlag verurteilt. Ebenso wie die Terrorattacke in Paris. Allerdings fordert heute die Muslime auch zum Zusammenhalt auf, um, wie er in einer Aussendung wörtlich meint, zu zeigen, dass der Terrorismus in Paris und der Hass und die Diskriminierung, die er gegen unsere Religion und Kultur hervorgerufen hat, nicht toleriert werden. Erdogan hatte zuvor die seiner Meinung nach zunehmende Islam- und Fremdenfeindlichkeit in Europa kritisiert.

Der Anschlag im Zentrum Istanbuls ruft jedenfalls deutlich in Erinnerung wie komplex die sicherheitspolitischen Herausforderungen für die türkische Regierung mittlerweile geworden sind. Die Waffenruhe mit der kurdischen Terrororganisation PKK erscheint brüchig, eine linksextreme Untergrundgruppe verbreitet Bekennerschreiben zu mehreren Terrorakten.

Und die Angst wächst, dass der Terror des IS aus Syrien und dem Irak auf türkisches Staatsgebiet überschwappen könnte. Kritiker werfen der regierenden islamisch-konservativen Partei von Präsident Erdogan vor, die islamistische Gefahr in der Türkei lang Zeit negiert und unterschätzt zu haben.