Paris: Jüdische Opfer beigesetzt

Die Redaktion von Charlie Hebdo war das eine Ziel der Terroristen, das andere der Supermarkt "HyperCacher", ein Geschäft für koschere Produkte. Der Täter hat dort vier jüdische Männer erschossen. Die Toten sind heute Nacht zur Beisetzung nach Israel geflogen worden. Die Geiselnahme in dem Supermarkt war der Höhepunkt einer Serie von Angriffen auf jüdische Menschen und jüdische Einrichtungen in Frankreich - in Israel bereitet man sich auf eine Einwanderungswelle von französischen Juden vor.

Mittagsjournal, 13.1.2015

Aus Jerusalem,

Die vier jüdischen Männer, die am Freitag in einem koscheren Supermarkt in Paris von einem radikalen Islamisten erschossen wurden, werden jetzt in den Mittagsstunden in Jerusalem beigesetzt. Die Zeremonie hat beinahe den Charakter eines Staatsbegräbnisses, Israels Staatspräsident, der Premierminister, der Oppositionschef nehmen daran teil. Es ist also wohl auch ein politisches Statement, denn von seinem Selbstverständnis her sieht sich der Staat Israel mitverantwortlich für das Schicksal der Juden in aller Welt. Zugleich entspricht es einfach dem Wunsch und dem Empfinden der Angehörigen, dass die Opfer in Israel ihre letzte Ruhestätte finden.

Der Jüngste der Ermordeten, Yoav Hattab, bei seinem Tod 21 Jahre alt, soll erst eine Woche zuvor von einer Tour durch Israel zurückgekehrt sein und schon seine Einwanderung geplant haben. Der Älteste, Francois-Michel Saada, bei seinem Tod 60 Jahre alt, war Vater von zwei Kindern, die in Israel leben.

Die Einwanderung von Juden aus Frankreich ist jetzt in Israel ein ganz aktuelles Thema. Eben erst beim letzten Jahreswechsel war vermerkt worden, dass die Zahl sich im abgelaufenen Jahr auf fast 7000 verdoppelt hatte – 2014 war somit in Israels Geschichte das erste Jahr, in dem aus Frankreich mehr jüdische Einwanderer eingetroffen sind als aus jedem anderen Land, also insbesondere mehr als aus den USA oder aus Russland.

Nach den Massakern der letzten Woche scheint nun die Angst unter den französischen Juden stärker zu sein denn je. Olivier, der vor einigen Jahren aus Frankreich nach Israel eingewandert ist, liest im israelischen Fernsehen aufgeregt aus einer SMS vor, die ein Bekannter aus Paris geschickt hat: Ich bin erschreckt durch das, was sich ständig in Paris abspielt, ich habe Angst für meine Familie und meine Freunde. Und er fügt hinzu: So etwas habe ich bisher noch nie bekommen.

Wohnungsvermittler in Israel berichten von einer bedeutenden Zunahme der Anfragen aus Frankreich, insbesondere gebe es jetzt auch Interesse an billigeren Wohnungen – also denken jetzt anscheinend auch Menschen an Auswanderung, die finanziell nicht so gut abgesichert sind. Die Politik und die Behörden ihrerseits wollen den ohnehin gut aufgestellten Aufnahmeapparat weiter verstärken – es soll mehr beratendes Personal geben, und man will etwa bürokratische Hürden bei der Anerkennung von ausländischen Diplomen entfernen.

Zugleich wurde in den letzten Tagen viel über das Verhalten von Premier Benjamin Netanjahu debattiert. In einer ersten Stellungnahme hatte er beinahe so geklungen, als würde er die Juden zur Flucht aus Frankreich und aus ganz Europa aufrufen – das hatte offenbar die französische Führung irritiert. Später änderte Netanjahu seine Formulierungen so, dass sie mehr wie eine Einladung wirkten, etwa bei der Ansprache in einer Synagoge in Paris: Jeder Jude und jede Jüdin, die nach Israel einwandern wollen, werden von uns mit offenen Armen und viel Wärme empfangen werden.

Abgesehen von der Einwanderungsfrage hebt die israelische Führung jetzt eine Botschaft hervor: Israel leide schon lange unter dem islamistischen Terror, nun werde auch Europa zur Zielscheibe, man müsse gemeinsam gegen diesen Terror kämpfen.