"Der große Trip" für Oscar nominiert

Rund 4.200 Kilometer ist der Pacific Crest Trail lang, ein Fernwanderweg im Westen der USA. Fast die Hälfte davon ist die US-amerikanische Autorin Cheryl Strayed im Alter von 26 Jahren gegangen und hat darüber den Bestseller "Wild" geschrieben. Nun wurde er mit Reese Witherspoon verfilmt, die gestern eine Oscarnominierung als beste Hauptdarstellerin erhielt.

Morgenjournal, 16.1.2015

Dieser Rucksack ist schwer. So schwer, dass ihn die junge Frau kaum heben kann. Er ist wie die Last des Lebens, die Cheryl Strayed (Reese Witherspoon) längst zu viel geworden ist. Doch sie stemmt sich dagegen und am Ende schultert sie diesen Rucksack, quasi auch voller böser Erinnerungen und macht sich auf den Weg. Fast 1800 Kilometer Fußmarsch auf dem Pacific Crest Trail liegen vor Cheryl. Meist einsam, hin und wieder mit Gleichgesinnten.

Nichts ausgelassen

Hitze und Kälte, Sand und Schnee, Wüste und Gebirge, das sind die äußeren Hindernisse, doch die eigentlichen Gegner sind die inneren Dämonen, die Cheryl in ihrem Leben gesammelt hat. Kaum etwas hat sie ausgelassen: die Ehe zerstört, weil notorisch untreu, also die Liebe des Lebens verloren, Drogen bis zum Abwinken, eine Abtreibung. Doch am schlimmsten war der frühe Krebstod der Mutter. Das Wandern wird zum Auslöser eines Bewusstseinsstroms, dem Drehbuchautor Nick Hornby in assoziativ gebauten Rückblenden freien Lauf lässt. Immer wieder im Zentrum: die Mutter-Tochter-Beziehung.

Erstaunlich unsentimental

Im raffinierten Schnitt macht Regisseur Vallée die physischen aber vor allem psychischen Strapazen nachvollziehbar, erstaunlich unaufdringlich und unsentimental, auch wenn das Pathos einer Selbstfindung nie ganz zu vermeiden ist. Ungeschminkt sollte die Wahrheit der Cheryl Strayed da stehen, und genauso musste Hauptdarstellerin Reese Witherspoon vor die Kamera.

Symbolträchtige Bilder

Regisseur Jean Marc Vallée begleitet diesen Läuterungsprozess mit Bildern von hoher Symbolkraft: Chaos beim Zelt-Aufstellen, Cheryl, die zu Boden fällt, Cheryl die eine Brücke überquert oder ihren Rucksack von unnötigem Ballast befreit, blaue Flecken und Schrammen. Trost und Motivation finden sich in den Weisheiten literarischer Helden und im Soundtrack eines Lebens. Der Film "Der große Trip-Wild" feiert letztlich auch das Leben, und dass man es sich - so die Botschaft - erkämpfen muss, erkämpfen gegen Niederlagen aber vor allem gegen ein bloßes Existieren.

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