Oscar-Favorit "The Imitation Game"

Zwei Kriegsjahre weniger und das Leben von 14 Millionen Menschen ist gerettet: Diese Bilanz wird im Film "The Imitation Game" dem Wirken des britischen Mathematikers Alan Turing gegenübergestellt, der im Zweiten Weltkrieg wesentlich zur Entschlüsselung der deutschen Kriegskommunikation beigetragen hat.

Morgenjournal, 22.1.2015

Rehabilitation eines Genies

Nun rollt der Film das bewegte Leben von Alan Turing auf und hat dafür kürzlich acht Oscar-Nominierungen bekommen, darunter als bester Film und für Hauptdarsteller Benedict Cumberbatch.

Mit unverstandenen Genies lässt sich das Filmgeschäft gut und gern betreiben. Der Mathematiker Alan Turing (Benedict Cumberbatch) ist eines dieser Genies, denen posthum Ehre erwiesen wird und der Film "The Imitation Game" will seinen Beitrag dazu leisten: Turing ist darin schon als Kind ein Sonderling, hat kaum Freunde, aber vor allem großes Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, das andere so gar nicht teilen wollen.

So traute er sich zu, die Codes der Enigma zu knacken, also jener legendären Maschine, mit der das deutsche Militär im zweiten Weltkrieg seine Kommunikation verschlüsselte. Den Enigma-Code zu dechiffrieren war von kriegsentscheidendem Wert, wobei Turing eine eigene Maschine, quasi einen Urcomputer entwickelte. Gegen den heftigen Widerstand von Kollegen und Vorgesetzten.

Chemische Kastration

Der Film zeigt einen gespaltenen Charakter, einerseits forsch und exzentrisch, bisweilen arrogant, andererseits werden Turings menschliche Defizite hervorgekehrt, seine Unsicherheit im Umgang mit Menschen und seine mangelnde Teamfähigkeit. Nach dem Krieg wurde Turing wegen seiner Homosexualität von der britischen Justiz belangt und einer chemischen Kastration unterzogen Turing habe sich aber dennoch "weder als Held noch als Opfer gefühlt, sondern wollte nur sich treu bleiben", so Hauptdarsteller Benedict Cumberbatch.

Einwände von Historikern

Ganz ohne Heldentum oder Opferrolle geht es natürlich nicht in einer Dramaturgie, die sich manch künstlerische Freiheit gönnt. Turings Schrulligkeit war angeblich weit weniger ausgeprägt als gezeigt, einer der Kollegen im Kryptographen Team war nach Ansicht von Historikern gar nicht dabei und ein Brief an Churchill keineswegs ein Alleingang Turings, Tipp-Ex zur Korrektur von Schreibmaschinenfehlern kam erst 1956 und nicht wie behauptet zu Beginn der 1950er Jahre auf den Markt.

Der Film "The Imitation Game" verknüpft aber spannend eine biografische Leitlinie mit einer Geschichtsstunde, macht Abstecher ins Spionage-Genre und Tragödienfach, sucht menschliche Tiefe ohne allzu viel Pathos. Das alles passt zusammen, ist aber keineswegs besonders ausgeklügelt. Ein Entschlüsselungsprogramm wird man dafür also nicht brauchen.