EZB vor Staatsanleihekäufen

Die Europäische Zentralbank, EZB, steht vor einem historischen Schritt. Sie wird im Zuge ihrer Sitzung in Frankfurt am Main so gut wie sicher beschließen, dass sie massenhaft Staatsanleihen kaufen wird. Dieser Schritt gilt als letztes, umfangreiches Mittel, damit aus einer niedrigen Inflation, bei wenig Wachstum, keine Deflation wird. Die Zinsen kann die EZB de facto nicht mehr senken - die sind schon nahe der Nulllinie.

Morgenjournal, 22.1.2015

Das ob ist keine Frage mehr, nur noch wann, wie und in welchem Umfang die EZB mit ihren 19 Mitgliedern Anleihen kauft. Die Antwort auf diese Fragen bleiben spannend - auch weil den Entscheidern, wie Nationalbank Gouverneur Ewald Nowotny, vor dem Treffen kein Wort zu viel über die Lippen kommt. Er bitte um Verständnis, dass er dazu nichts sagen könne.

Vorerst dürfte die Zentralbank beschließen, dass sie in den kommenden Monaten in Summe 600 Milliarden Euro Anleihen samt Risiko in ihre Bilanz aufnimmt. Die EZB kauft dabei etwa von Banken, Versicherungen und Pensionsfonds Schuldpapiere - der direkte Erwerb ist ihr verboten. Möglich ist auch, dass die jeweiligen nationalen Notenbanken Anleihen ihrer Heimatländer erwerben. Der Vorteil: Für Ausfälle in anderen Ländern müssten sie dann zumindest nicht sofort zahlen. Die Operation Geldflut hat als Begleiter das Prinzip Hoffnung.

Im Idealfall verteilt sich Bares über das Bankensystem in der Realwirtschaft und treibt Konjunktur samt Inflationsrate nach oben. In Japan funktioniert das bis heute nicht, gewirkt hat es jedoch in den USA. Kritiker des Anleihekaufprogramms richten ihre Blicke auf jene Länder mit vielen Schulden. Sie könnten die Maßnahme als Solvenzgarantie verstehen und darauf bauen, dass die Zentralbank durch ihr Programm die Zinsbelastung für neue Schulden niedrig hält. Reformen und Haushaltskonsolidierung seien damit gebremst. So oder so - die EZB hat sich allein durch die mehrfache Ankündigung, Anleihen im großen Stil kaufen zu wollen, selbst unter Zugzwang gesetzt.