Thronwechsel in Saudi-Arabien

Einer der mächtigsten Männer in der Arabischen Welt ist tot: der saudische König Abdullah ist vergangene Nacht gestorben. Bei ihm wusste der Rest der Welt und der Region, woran man ist. Aber was kommt jetzt? Abdullah hinterlässt seinem - auch intern umstrittenen - Nachfolger Salman eine Reihe an Herausforderungen.

Prinz Salman bin Abdulaziz Al Saud

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Der Ölpreis im Sinkflug, die ganze Region im Umbruch, eine saudische Gesellschaft, in der es brodelt - eine Religion, die um die Vorherrschaft kämpft. Ein Abschied von einem König, der vieles unter der Decke gehalten hat.

Mittagsjournal, 23.1.2015

Nach dem Tod des saudischen Königs Abdullah hat dessen Halbbruder Salman die Herrschaft in dem konservativen Königreich übernommen. Das Königshaus habe den 79-Jährigen zum neuen Regenten ernannt, berichte die staatliche saudische Nachrichtenagentur SPA. Salman wird demnach seinen Teueschwur nach dem Freitagsgebet in der Hauptstadt Riad ablegen.

Abdullah war nach langer Krankheit im Alter von etwa 91 Jahren gestorben. Er soll nach dem Mittagsgebet in der Turk-bin-Abdullah-Moschee in Riad beigesetzt werden.

Salman beteuerte, die Politik seiner Vorgänger fortzusetzen. "Wir werden an der rechtschaffenen Politik festhalten, die Saudi-Arabien seit der Gründung durch König Abdelaziz angenommen hat", erklärte er in einer TV-Ansprache. Die Rede nährte Zweifel an seinem Gesundheitszustand. Der neue Regent sprach kurzatmig und mit schwacher Stimme. Dabei war er nur schwer zu verstehen.

Neuer saudischer Kronprinz ist der 69 Jahre alte Prinz Muqrin, der jüngste Sohn von Staatsgründer Abdelaziz. Zum stellvertretenden Kronprinzen ernannte der Königshof Prinz Mohammed bin Nayef. Der 55-Jährige wäre im Falle einer Machtübernahme der erste Vertreter von Abdelaziz' Enkelgeneration, der auf den Thron käme.

Der Thronwechsel kommt in einer für Saudi-Arabien sehr schwierigen Zeit. Der Vormarsch der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) im Irak bis an die Grenzen des Königreichs und der Staatszerfall im benachbarten Jemen haben das Herrscherhaus alarmiert. Saudi-Arabien ist immer wieder selbst Ziel von Terroranschlägen.

US-Präsident Barack Obama nannte den verstorbenen Monarchen einen aufrichtigen und mutigen Führer. "Die Nähe und Stärke der Partnerschaft zwischen unseren zwei Ländern ist Teil von König Abdullahs Vermächtnis", teilte Obama in Washington mit.

Frankreichs Präsident François Hollande würdigte Abdullah als Mann, "dessen Arbeit die Geschichte seines Landes zutiefst geprägt" habe. Deutschlands Buundeskanzlerin Angela Merkel zollte dem gestorbenen Monarchen für "seine ausgewogene und vermittelnde Politik im Nahen Osten (...) Respekt und Anerkennung".

Die Führer der arabischen Welt reagierten mit Beileidsbekundungen auf den Tod Abdullahs. Mehrere Regierungen riefen Trauerzeiten aus.

Die schiitische Regierung im Iran drückte der saudiarabischen Regierung am Freitag ihr Beileid aus und kündigte an, Außenminister Mohammad Javad Zarif werde zur Beisetzung nach Riad reisen. Die sunnitische Monarchie in Saudi-Arabien und die schiitische iranische Republik hatten sich nach jahrelangen Spannungen in den vergangenen Monaten vorsichtig angenähert.

In dem streng religiösen Königreich unternahm Abdullah Modernisierungsschritte. So gründete er gegen den Willen einflussreicher Islam-Gelehrter 2009 die König-Abdullah-Universität, in der Frauen und Männer gemeinsam studieren und forschen. 2013 ernannte er erstmals Frauen zu Mitgliedern des Shura-Rates, einem beratenden Gremium ohne Gesetzgebungskompetenz.

Unter Abdullah gelang es dem Königreich auch, die arabischen Aufstände unbeschadet zu überstehen. An der Politik Riads gab es jedoch scharfe Kritik. So schickte das Königshaus Soldaten ins benachbarte Bahrain, wo Proteste von Schiiten niedergeschlagen wurden. Auch politischen Gegnern gegenüber blieb er unnachgiebig: Proteste von Schiiten wurden niedergeschlagen. Frauen, die sich dem Fahrverbot widersetzten, wurden empfindliche Strafen angedroht.

Aktuell sorgt die Prügelstrafe für den islamkritischen Blogger Raif Badawi international für Empörung. Der Aktivist war zu zehn Jahren Haft und 1000 Stockschlägen verurteilt worden, weil er im Internet den Islam beleidigt haben soll. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz forderte im ZDF, die Prügelstrafe einzustellen. (Text: APA, Red., Audio: ORF)