Die "Café Sonntag"-Glosse von Gunkl

Geld

Geld. Das ist ja ein bisschen kompliziert, weil die Frage ist ja: Wie kommt es zu Geld? Es gibt natürlich viele Aspekte von Geld, die betrachtenswert und beachtenswert sind, aber ich glaube, so eine primordiale Frage ist: Wie kommt es dazu, dass es Geld gibt?

Gunkl

ORF

Ich habe jahrelang in der naiven Annahme gelebt, dass Geld ein Gutschein ist, weil, Geld entsteht - so dachte ich - so, dass der Staat sich anschaut, was an Gütern, Dienstleistungen, Waren und Gegebenheiten in diesem Land vorhanden ist und da legt er dann Anteilsscheine auf und wer arbeitet, erwirbt durch seine Arbeit Anteile an diesem Volksvermögen und bekommt einen Gutschein ausgehändigt, der berechtigt ihn zum Bezug von anderen Waren, Dienstleistungen oder Gegebenheiten, die da sind. So, dachte ich mir, entsteht Geld. Geld bildet die Welt ab. Falsch!

Geld entsteht so, indem die Bank welches herborgt, das es bis zu diesem Zeitpunkt gar nicht gibt. Und nach geraumer Zeit will die Bank von mir mehr Geld zurück haben, als sie mir erfunden hat. Dieses zusätzliche Geld muss aber auch erfunden worden sein, weil dieses Geld gibt's ja nicht in der Welt, bevor die Bank welches erfindet.

Und da wird es ein bisschen undurchsichtig, weil, wenn man sich vorstellt, man würde auf einer Insel leben und da ist es eine Bank und zehn Menschen und die Bank borgt jedem, sagen wir mal, tausend Euro und sagt, nach einem Jahr will ich von dir aber tausendfünfzig Euro zurückhaben, dann, wo sollen diese zusätzlichen fünfzig Euro herkommen?

Die muss die Bank wieder jemandem borgen, der es dann mir gibt, damit ich es der Bank geben kann und der, der sich das Geld von der Bank ausborgt, muss aber dann noch einmal mehr zurückzahlen, als er geborgt bekommen hat, was aber auch wieder nur so entstanden sein kann. Und dann wird es halt also wirklich schlüpfrig in der Logik, weil dann bildet ja Geld irgendwann nicht mehr die Welt ab, sondern nur mehr Versprechen.

Interessant ist ja auch, Kredit leitet sich von "credere" - glauben ab und auch hier wieder eine kleine Naivität von mir: Ich dachte mir, das kommt daher, dass die Bank mir glaubt, dass ich das Geld zurückzahlen werde. Das ist aber falsch. Wer zu glauben hat, bin ich, nämlich ich muss glauben, dass es das Geld wirklich gibt. Gegen alle Faktizität, weil das Geld gibt es ja nicht. Die Bank borgt ja kein Geld her, das sie hat. Die Bank borgt Geld her, das sie erfindet durchs Verborgen und ich muss dann glauben, dass es das wirklich gibt. Also, alles in allem, ein bisschen sehr undurchsichtig.