Laiendolmetscher in der Justiz

Um bei Gericht oder Polizei als Dolmetscher arbeiten zu können, muss man gerichtlich beeidet sein - nach einer entsprechenden Prüfung. Jetzt aber sollen auch zweisprachig aufgewachsene Menschen zum Einsatz kommen. Rechtsanwälte und Dolmetscher sehen darin eine Gefahr für den Rechtsstaat. Und die beeideten Dolmetscher klagen auch, dass ihre Honorare immer weiter gekürzt werden.

Morgenjournal, 18.2.2015

Kann es sein, dass Polizei und Justiz Dolmetscher und Übersetzer beschäftigen, die nicht gerichtlich beeidet sind sondern nur zweisprachig aufgewachsen sind oder Migrationshintergrund haben? Auf keinen Fall, kritisieren Rechtsanwälte und der Dolmetscherverband und sehen darin eine Gefahr für den Rechtsstaat. Dennoch ist es gängige Praxis, dass Laien in Ermittlungsverfahren eingesetzt werden. Und ausgebildete Dolmetscher klagen, dass ihre Honorare immer weiter gekürzt werden.

Christine Springer ist Präsidentin des Dolmetscherverbandes und derzeit um Gesprächstermine in Ministerien bemüht. Gestern zum Beispiel im Innenministerium, um auf die schlechte Bezahlung der gerichtlich beeideten Dolmetscher hinzuweisen. Für ein Protokoll einer Vernehmung, so Christine Springer, gibt es maximal 20 Euro, egal, wie umfangreich es ist.

Außerdem wurden Gebühren gestrichen, sagt Springer, und der Verbraucherpreisindex wurde seit 2007 nicht angepasst. Und im jüngsten Budgetbegleitgesetz sei sogar festgehalten, dass Honorarbeträge auf volle Euro-Summen abzurunden sind.

Für Unmut sorgt auch, dass Polizei und Justiz immer wieder auf sogenannte Hausdolmetscher zurückgreifen - Menschen, die eine Fremdsprache beherrschen und sich das Dolmetschen zutrauen. In einem Rechtsstaat indiskutabel, sagt der Präsident der Rechtsanwaltskammer Rupert Wolff.

Es sei ein weit verbreiteter Irrtum, dass jeder dolmetschen und übersetzen kann, der zum Beispiel zweisprachig aufgewachsen ist, sagt Dolmetscherin Joanna Ziemska. Beim Dolmetschen komme es in heiklen Verfahren auf jedes juristische Detail an.

Der Sprecher der Wiener Polizei sagte zuletzt in einem Interview: wir haben viele Kolleginnen und Kollegen mit Migrationshintergrund zur Verfügung, die auch regelmäßig geschult werden. Für ausgebildete Dolmetscher ein unhaltbarer Zustand.