Neuer Roman von Péter Esterházy
"Harmonia Caelestis", mit dieser Familien-Chronik ist der ungarische Schriftsteller Péter Esterházy bekannt geworden. Sein jüngstes Werk trägt den Titel "Die Mantel-und-Degen-Version".
8. April 2017, 21:58
Esterházy nennt das Werk einen historischen Roman, tatsächlich hat er wieder die für ihn so typische Erzählform gewählt: Ein mit Fußnoten gespickter, vielschichtiger Text, der im 17. Jahrhundert spielt und von Esterházys Lebensthemen handelt - Eroberung und Unterwerfung, Liebe, das Älterwerden und den Tod.
Péter Esterházy stammt aus der Adelsfamilie Esterházy, die nach dem zweiten Weltkrieg von den ungarischen Kommunisten enteignet wurde.
Mittagsjournal, 10.3.2015
Peter Esterhazy liest aus seinem neuen Buch in Berlin,
"Was 100ert ist, das bestimme ich" - und damit hat Péter Esterházy eigentlich schon alles gesagt. Die Wahrheit im Roman bestimmt der Schriftsteller. Das gilt auch für sein jüngstes Werk, "Die Mantel-und-Degen-Version" mit dem Untertitel "Eine einfache Geschichte Komma hundert Seiten". Doch darauf können sich die Leser gerade nicht verlassen. Im Gegenteil: Die Geschichte ist alles andere als einfach. Und sie hat auch deutlich mehr als hundert Seiten.
Es geht um das Schicksal Ungarns, das im 17 Jahrhundert zwischen zwei Großmächten steht: den Türken und den Habsburgern. Eine der Hauptfiguren ist ein ungarischer Doppelspion, ein Spitzel. Und natürlich denkt man unwillkürlich an den Vater von Péter Esterházy, der als Spitzel für die ungarische Staatssicherheit gearbeitet hat. Das hat der Schriftsteller erst spät erfahren. Doch die Bezüge, die er im Roman zu seinem Vater schafft, sind offenbar auch nur ein Spiel.
Alles nur ein Spiel
"Ich benütze die sogenannten persönlichen Fakten oder 'Pseudofakten' als etwas Nicht-Persönliches - der Stoff verwendet sein eigenes Leben. Das habe ich immer gemacht, und das schreibe ich auch im Vorwort. Aber der Leser glaubt mir nicht", so Esterházy. Dazu tragen auch die vielen Fußnoten bei, die den Text begleiten. Sie stellen eine vermeintliche Transparenz darüber her, welche Texte anderer Schriftsteller Esterházy in seinen Roman einarbeitet hat. Diese Technik hat ihm früher den Vorwurf eingetragen, er sei ein Plagiator. Die vielen Fußnoten sind die Antwort darauf.
Und natürlich ist auch das wieder ein Spiel. Esterházy tut so, als würde er akribisch zitieren. Doch seine Fußnoten erfassen trotzdem nicht alle Texte und Gedanken anderer, die ihn inspiriert haben. Das ist Absicht und hat auch etwas mit Esterházys Grundverständnis von Sprache und von Literatur zu tun: "So entsteht auch unsere persönliche Sprache aus Sätzen, die wir gehört haben. Andererseits habe ich dann diese romantische oder blauäugige Vorstellung von der Literatur: Die Schriftsteller nicht unbedingt, aber die Bücher haben eine freundschaftliche Beziehung zueinander. So, dass sie sich aufeinander stützen. Es gibt kein Buch, das allein steht."
Sein jüngster Roman ist eine Weiterentwicklung der für ihn so typischen Erzählform. Im Grunde ist der Autor in den unterschiedlichsten Rollen immer im ständigen Gespräch mit sich selbst und immer auf der Suche nach Antworten auf die großen Lebensfragen: Was ist Liebe, was ist Glück und wie schaffen wir es, älter zu werden und uns trotzdem immer wieder "ein Stück vom Leben zu schnappen".