Oscar-prämiertes Drama "Still Alice"

Alice Howland (Julianne Moore) ist eine angesehene Linguistik-Professorin an der New Yorker Columbia University und gerade einmal 50, als es zur niederschmetternden Diagnose kommt: Alzheimer.

Es gehört zu den ungeschriebenen Gesetzen Hollywoods, dass man mit der Darstellung psychisch Kranker beim Oscar-Rennen ganz vorne mitspielt. Dustin Hoffman hat sich da als autistischer "Rainman" seine Goldstatue geholt, Jennifer Lawrence als junge Frau mit bipolarer Störung in "Silver Linings" und dieses Jahr war mit "Still Alice" Julianne Moore mit ihrer Darstellung einer an Alzheimer erkrankten Hochschulprofessorin dran.

Mittagsjournal, 11.3.2015

Julianne Moore spielt die tiefe Verstörung der Frau ohne Hysterie, stattdessen mit einem suchenden Blick, der immer wieder ins Leere geht. Ein Film über Identität sei "Still Alice", meinte Julianne Moore im Interview, denn es stellt sich doch die Frage wer man noch ist, wenn einem seine Persönlichkeit geraubt wird: "Es geht ja nicht nur darum, dass einem gewisse Dinge und Wörter nicht mehr einfallen. Die gesamte Wahrnehmung ist von dieser Krankheit betroffen. Man kann sich nicht mehr orientieren, man begreift seinen Schatten nicht mehr als Schatten, sondern sieht eine Grube vor sich, der einfache Mechanismus einer Türklinke wird einem unverständlich, so wie man generell die Funktion der meisten Gegenstände nicht mehr begreift oder sie schlichtweg nicht mehr erkennen kann."

Erstaunlich ist, dass "Still Alice" nicht auch in den Kategorien Regie und Drehbuch für den Oscar nominiert war. Denn das auch privat liierte Regisseursduo Richard Glatzer und Wash Westmoreland verhandelt sein Thema mit großer Subtilität und Authentizität. Das verdankt sich wohl auch dem tragischen Umstand, dass, gerade als die beiden die Buchvorlage in die Hand bekamen, bei Glatzer die Nervenkrankheit ALS diagnostiziert wurde.

Die beiden kennen also aus eigener Erfahrung den Kampf gegen eine unheilbare Krankheit, die einen sukzessive seiner Fähigkeiten beraubt. Mittlerweile kann Glatzer nur mehr mit Sprachcomputer kommunizieren und streut Hauptdarstellerin Julianne Moore Rosen: "Sie hat sich völlig in ihre Rolle gestürzt und endlose Recherchen unternommen. Sie hat sich mit Alzheimer-Kranken angefreundet, mit Neurologen gesprochen und auch einen Alzheimer-Test mitgemacht."

"Still Alice" spielt weder mit der Betroffenheit des Publikums noch drückt er gezielt auf die Tränendrüse. Stattdessen zeigt dieses Drama, was das Kino in seinen besten Momenten kann: Das hautnahe Ausloten einer - den meisten völlig unbekannten - Lebenswirklichkeit.