Diagonale-Intendantin Barbara Pichler im Interview

Ab morgen wird Graz wieder das Zentrum des heimischen Filmschaffens - die Diagonale startet. Es ist die letzte Ausgabe unter der Leitung von Barbara Pichler. Ein Gespräch über Abschiedsgefühle, Kriterien der Auswahl und die nicht immer freundlichen Reaktionen darauf.

Barbara Pichler

APA, Pfarrhofer

Kulturjournal, 16.03.2015

Seit 2008 hat die Kuratorin, Publizistin und Filmvermittlerin Barbara Pichler die Geschicke der Diagonale gelenkt und dabei das Programm gestrafft, nicht zuletzt eine Notwendigkeit, denn auch heuer wurden wieder mehr als 500 Filme eingereicht. 157 davon werden bis zum kommenden Sonntag in Graz zu sehen sein: darunter neue Spielfilme von Thomas Woschitz, Jakob Erwa, Barbara Eder, Ludwig Wüst und Andreas Prochaska.

Die heurige Personale, die in Kooperation mit Ö1 stattfindet, ist dem Dokumentarfilmer Nikolaus Geyrhalter gewidmet. Eröffnet wird das Festival mit dem vom ORF kofinanzierten Film "Superwelt" von Karl Markovics. Es ist seine zweite Regiearbeit über eine Frau, die plötzlich zu Gott findet.

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Noch-Intendantin im Interview

Barbara Pichler zufolge sollte der Diagonale-Zeitraum ein kurzer sein sollte, da man sich mit einer "zwar sehr vielfältigen und lebendigen Filmlandschaft beschäftigt, aber auch mit einer überschaubaren". Die Auswahl aus dem nationalen Filmschaffen ist natürlich auch eine persönliche, und daher ist es wichtig, dass die Leitung öfter wechselt, als das bei einem internationalen Festival der Fall ist, erklärt Pichler.

"Solide Basis"

"Ich glaube, dass die Veränderungen, die in den letzten Jahren so deutlich geworden sind, viel früher begonnen haben", sagt die scheidende Intendantin. Die österreichische Filmbranche habe sich in den letzten 20 Jahren sehr entwickelt: Sie hat sich nicht nur professionalisiert, sondern auch vergrößert. Dazu gebe es einige international etablierte Namen, die eine stabile Basis auch für eine öffentliche Wahrnehmung bilden: Michael Haneke, Ulrich Seidl, die verstorbenen Michael Glawogger und Florian Flicker; aber auch eine mittlere Generation wie Jesicca Hausner. Es habe aber auch eine "natürliche Entwicklung" gegeben, die vom heimischen Fördersystem unterstützt wurde. Dies erlaubt nach wie vor individuelle filmische Handschriften, was nicht mehr überall der Fall ist, so Pichler.

Man merke aber auch, dass die Luft dünner werde: "Die technischen Veränderungen führen einfach dazu, dass immer mehr Filme produziert werden, und immer mehr Menschen die Budgets in Anspruch nehmen wollen." Dabei bleiben aber immer mehr Filme unterfinanziert.

Auswahl 2015

Einerseits versuche Pichler, die ganze Bandbreite der österreichischen Filmlandschaft abzubilden. Andererseits versuche sie im Team "einen Gesamtzusammenhang zu erkennen und innerhalb dessen, interessante Positionen auszuwählen". Ihre Aufgabe sehe sie nicht nur in der intensiven Auseinandersetzung mit den Filmen, sondern auch darin, eine Reaktion zu geben.

Wohin soll sich die Diagonale unter den gegebenen Voraussetzungen entwickeln? "Genau diese Frage möchte ich nicht beantworten. Das ist ja auch der Grund, weshalb ich entschlossen habe, die Leitung zu übergeben. Die Nachfolger/innen werden es sicher nicht leicht haben - Budgetfragen spielen immer eine große Rolle." Entwicklungen könnten nicht der Logik folgen "jedes Jahr ein bisschen mehr". Stattdessen müsse sich der Kultursektor insgesamt auf die Inhalte rückbesinnen.

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