Bruch im Haus Le Pen

Vier Wochen Krise bei Frankreichs rechtsextremer Nationaler Front - zwischen Parteichefin Marine Le Pen und ihrem Vater Jean Marie - wegen dessen wiederholten antisemitischen und rassistischen Ausfällen. Nun ist der Bruch zwischen Vater und Tochter, die seit Jahren versucht, die Partei hoffähiger zu machen, weiter fortgeschritten. Das höchste Parteigremium, das achtköpfige Exekutivbüro des Front National, hat erste Maßnahmen angekündigt, um Parteigründer Jean Marie Le Pen endgültig aus der Partei zu drängen.

Morgenjournal, 5.5.2015

Aus Paris,

Es ist wohl das Ende der Ära Jean Marie Le Pen. Nach vierstündigen Beratungen gab es ein Kommuniqué von elf Zeilen: die Parteimitgliedschaft des 86-jährigen Patriarchen ist ausgesetzt. Und: innerhalb von drei Monaten sollen die Parteimitglieder in einer außergewöhnlichen Generalversammlung per Briefwahl der Abschaffung der Funktion des Ehrenpräsidenten zustimmen, die der Parteigründer bislang inne hat. Unklar ist, ob der Europaabgeordnete Le Pen danach einfaches Parteimitglied bleiben kann.

Es ist ein deutlicher Schritt der Parteiführung unter Marine Le Pen, ihren Vater, dem sie parteischädigendes Verhalten vorwirft, politisch endgültig kaltzustellen: Er erträgt nicht, dass die Nationale Front weiter existiert und er nicht mehr die Führung inne hat. Ich bedauere das, so Marine Le Pen, die sich ihr langjähriges Bemühen, den Front National hoffähiger zu präsentieren und aus der rassistisch – antisemitischen und homophoben Schmuddelecke herauszuholen, durch die ständigen Provokationen ihres Vaters nicht weiter kaputt machen lassen will. Der Front National Abgeordnete, Gilbert Collard nach dem Exekutivbüro: Jean Marie Le Pen muss verbal ausgeschlossen werden – er darf keinesfalls mehr im Namen der Partei sprechen, wenn er sich äußert

Der 86-jährige Parteigründer hatte sich geweigert, vor dem Exekutivbüro überhaupt zu erscheinen, beklagte, man habe ihn desavouiert, schloss aber einen Rückzug aus dem politischen Leben strikt aus – dafür – so wörtlich- müsse man ihn schon töten.

Doch der Vatermord bei Frankreichs Extremer Rechten ist so gut wie vollzogen, auch wenn Jean Marie Le Pen, gestern am späten Abend noch einmal Gift und Galle spuckte: Ich wünsche, dass die Präsidentin der Nationalen Front heiratet und möglichst schnell einen anderen Namen annimmt, als den meinen. Verraten zu werden, tut weh – von jemandem dessen Karriere man schließlich gefördert hat. Und dieses Exekutivbüro war ein Hinrichtungskommando.

Die Parteiführung der Nationalen Front weiß, dass sie bei der de facto Suspendierung Jean Marie Le Pens die Mehrheit der Parteimitglieder hinter sich hat – über 70% sind erst dabei, seit Marine Le Pen am Ruder ist. Und: 30% der Franzosen wünschen sich, dass Marine Le Pen eine wichtige Rolle im politischen Leben des Landes spielt, bei ihrem Vater sind es ganze 2%.