Kinokomödie "Nur eine Stunde Ruhe"
Höchste Zeit, um sich der Musik als wahre Leidenschaft zu widmen, doch immer wieder kommt etwas dazwischen. Was eigentlich ein Vergnügen sein sollte, wird für einen Pariser Zahnarzt in der Kinokomödie "Une heure de tranquillité" zum Desaster.
8. April 2017, 21:58
Als Vorlage diente Regisseur Patrice Leconte ein Theaterstück des französischen Autors Florian Zeller, das 2013 im Pariser Theatre Antoine Premiere hatte. In der Hauptrolle ist Christian Clavier zu sehen, der hierzulande nicht nur als Asterix, sondern zuletzt auch durch die Multi-Kulti-Komödie "Monsieur Claude und seine Töchter" bekannt wurde.
Mittagsjournal, 5.5.2015
Den ahnungslosen Flohmarkt-Verkäufer hat der passionierte Jazz-Fan Michel (Christian Clavier) reingelegt. 50 Euro für eine seltene Schallplatte aus den 1950er Jahren! Dabei hätte der Pariser Zahnarzt dafür auch das Zehnfache bezahlt. Der Tag fängt also gut an, nichts wie nach Hause um die Neuerwerbung gebührend im Wohnzimmer zu würdigen.
Doch Störgeräusche aller Art unterbrechen den Musikgenuss: Die Gattin (Carole Bouquet), die gerne ein Geständnis über eine außereheliche Angelegenheit ablegen will, ein aufdringlicher Nachbar, eine vietnamesische Flüchtlingsfamilie, die der Sohn kurzerhand einquartiert, die Geliebte, die nicht so weitermachen will wie bisher, und portugiesische Bauarbeiter, die ihr Handwerk nicht so wirklich verstehen.
Hyperaktiver Egomane
Nach dem gleichnamigen Bühnenstück liest Regisseur Patrice Leconte in "Nur eine Stunde Ruhe" einem hyperaktiven Egomanen und Egoisten die Leviten, besagte Schallplatte trägt ja schon vorsätzlich den Titel "Me Myself and I". So wie die Pfuscher Michels Refugium der Bürgerlichkeit - mindestens 200 Quadratmeter Pariser Altbau - verwüsten, so demontiert das Drehbuch die Fassade des gut Situierten und Saturierten, entblößt die kleinen und etwas größeren Lügen, die hinter rhetorischer Alltagsdiplomatie versteckt werden. Auch wenn Michel auf komische Weise überdreht sei, bleibe er dennoch stets sehr authentisch, so Regisseur Leconte.
Lebensstil urbaner Existenzen
Michels umfangreiche Charakterschwächen verzahnt das Drehbuch zu einem Boulevardstück mit Zeitgeist-Parallelen. Die Ruhe als Mangelware wird zum Spiegel für den heutigen Lebensstil vorwiegend urbaner Existenzen zwischen Arbeitsstress und Freitzeitüberangebot. Dass der Film seine Pointen mit erheblichem Tempo vorträgt, also quasi ein Unglück die nächste Misere jagt, könnte am Ende aber auch in manchem Kinozuseher ein gesteigertes Bedürfnis nach Ruhe entstehen lassen.