Netflix, Piraten und Lawrence von Arabien
Google und Netflix verunsichern die Filmbranche. In Cannes fürchten Filmschaffende aus ganz Europa um bewährte Verbreitungswege und gesicherte Einnahmen.
8. April 2017, 21:58

APA/EPA/PAUL BUCK
Netflix zählt inzwischen mehr als 62 Millionen Nutzer in aller Welt. Der Streamingdienst, der unter anderem mit Eigenproduktionen wie "House of Cards" und "Orange is the New Black" Erfolge feierte, gilt als weltweit größter Anbieter von Filmen und Serien im Internet.
Kulturjournal, 19.5.2015
Einer der Filmschaffenden, die in Cannes um Einnahmen fürchten, ist der Filmmusikkomponist Max Richter. Der Brite hatte neulich sein Erweckungserlebnis: "Ich sprach mit der Freundin eines meiner Kinder, die nicht wusste, wer ich bin, und was ich beruflich mache. Sie fragte danach und hatte ihren Laptop dabei. Noch während wir uns unterhielten, lud sie kostenlos mein gesamtes Werk runter. Das waren 25 bis 30 Jahre Arbeit."
Piraterie im Netz & Pläne von Netflix
Piraterie im Netz ohne Rücksicht auf Autorenrechte ist das eine große Thema bei den Gesprächen am Rande des Festivals. Das andere sind die Pläne von Netflix: Filme zeitnah nach Erscheinen im Internet anzubieten. Mit drei Jahren Wartezeit zwischen Kinostart und Verbreitung an seine Kunden sei es demnächst vorbei.
Strategie der Amerikaner
Alles kommt in Bewegung, bestätigt auch EU-Kommissar Günther Oettinger im Gespräch mit der ARD. "Wir leben in einer Digitalen Revolution. Die wird alle Sektoren der Wirtschaft und auch die Kultur und die Medien verändern. Die Amerikaner haben eine klare Strategie: Sie wollen durch digitale Überlegenheit die industrielle Überlegenheit wiederherstellen.
Oettinger will offensiv dagegenhalten. Schließlich gebe es in Europa mit über 500 Millionen Kunden einen größeren Markt als in den USA. Doch seine Strategie eines einheitlichen digitalen Binnenmarkts stößt auf Bedenken und Widerspruch: In Cannes pochen viele Produzenten weiterhin auf abgeschirmte Räume - etwa entlang von Länder- oder Sprachgrenzen.
Digitaler Wandel bringt Unsicherheit
Autoren müssten auch innerhalb der EU das Recht haben, ihre Werke dort freizugeben, wo sie das wollten. Grenzenlose Freiheit diene allein den großen amerikanischen Anbietern, die dann Europa mit ihrem Angebot überfluten, und den Markt kaputtmachen würden. Doch auch darüber herrscht in der Branche keineswegs Einigkeit.
Das ändert aber nichts daran, dass die Filmwirtschaft vor einem Umbruch steht: Verbreitungswege, Finanzierung, Nutzerverhalten - alles im Wandel. Und solche Umbrüche lösen Unsicherheit aus. Das war schon immer so und ist auch in Cannes mit Händen zu greifen.