Der Erinnerung eine Zukunft geben
Hotel Metropole
Das Hotel Metropole, eines von Wiens ersten Häusern, wurde 1873 zur Wiener Weltausstellung errichtet. Nach dem sogenannten "Anschluss" 1938 wurde es beschlagnahmt und zur größten Gestapo-Leitstelle des NS-Regimes. Im Rahmen von "Into the City" befassen sich Schüler/innen und Künstler/innen und Ö1 Hörer/innen mit Erinnerungskultur - eine Vor- und Rückschau.
8. April 2017, 21:58
Seit drei Wochen läuft der Aufruf an die Hörerinnen und Hörer von Ö1, Materialien zum Hotel Metropole zu senden. Hier finden Sie eine Auswahl der Materialien und Briefe, die die Redaktion erreichten; einen Rückblick auf die "Gedenktafel" - eine Performance und Rauminstallation von Martin Krenn mit Jugendlichen der Gastgewerbefachschule Judenplatz und last but not least die Eröffnung von "Widerstand / Resistance" - einer Komposition in fünf Stationen am 28. Mai auf dem Morzinplatz 1.
Gestapo-Leitstelle
Das 1873 erbaute Hotel Metropole, eines der schönsten von Wien, wurde 1938 durch Enteignung und Arisierung von einem Tag auf den andern ausgelöscht.
Als die Gestapo mit mehr als 900 Mitarbeitern in das Hotel am Franz Josefs Kai mit fast 500 Zimmern einzog, wurde das Haus "still arisiert". Dokumente, Geschirr, Möbel, alles was an das Hotel erinnern könnte, verschwand in den Haushalten von Wiener Nationalsozialisten. Heute erinnern nur mehr eine Handvoll Gegenstände in Wiener Museen, wie ein Tischtuch im Jüdischen Museum, an das Hotel.
Zusendungen
Vor einigen Tagen erreichte das Büro der Wiener Festwochen der Brief eines Herrn aus dem ersten Bezirk, der die Zeit als Gefangener der Gestapo im Hotel Metropole schildert. Tage lang wurde er mit Lichtschocks gefoltert.
In der Einleitung des Briefes schreibt er: "Ich kann zwar keine Fotos oder Dokumentationen zu dem Thema beisteuern, wohl aber kann ich sagen, dass mich mit diesem Haus sehr unangenehme Erinnerungen verbinden."

"… im Jahr 1943 war ich - nach vorangegangenen Inhaftierungen 1938 und 1942 - als politischer Häftling in diesem Haus, und ich wurde neben diversen Verprügelungen auch Folterungen unterzogen."
ORF, WIENER FESTWOCHEN
Unter den zahlreichen Zusendungen waren auch Speisekarten, eine datierte vom 12. September 1912.
28. Mai, 18.00 Uhr Morzinplatz 1
Widerstand / Resistance
Eine Komposition in fünf Stationen
Von AutorYno (Paris) und JazzWerkstatt Wien
Die JazzWerkstatt Wien ist ein Musikerkollektiv und Label, das seit über zehn Jahren für frischen Wind in der Wiener Musikszene sorgt und mit der Idee von selbstinitiierten Festivals, Programmen und Performances auch international für Aufsehen gesorgt hat. In fünf Konzertstationen am Morzinplatz widmet sich das Kollektiv dem Thema "Widerstand / Resistance".
Ein Solo-Set bestreitet der junge Ausnahmebassist Manu Mayr, Willi Landl interpretiert eigene und alte Protestlieder in seiner unvergleichlichen Weise, das slowenisch-kärntnerische Duo Rdeca Raketa bedient virtuos einen ganzen Fuhrpark an akustischen und elektronischen Instrumenten und das "JazzWerkstatt Wien New Ensemble" präsentiert die Uraufführung einer 25-minütigen elektroakustischen Suite - "Hotel Metropole". Zum Abschluss werden Musiker des Kollektivs für einige Stücke die Pariser Band AutorYno bei Ihrem Konzert begleiten.
Programm
18.00 Manu Mayr Solo
18.30 Eröffnung
18.50 Willi Landl
19.20 Rdeca Raketa
19.50 JazzWerkstatt Wien New Ensemble
20.30 AutorYno
Großvater des Bandleaders von AutorYno
Einer der wichtigsten Proponenten des Radical Jewish Movement und des Genres New Klezmer ist der New Yorker Musiker John Zorn. Eine seiner Entdeckungen für sein Label Zadik ist das Pariser Trio AutorYno, über das Zorn sagt: "A wild klezmer rock fusion by this crazed band of Paris-born punk rockers." Der Tag ihres ersten Auftritts in Wien, der 28. Mai 2015, ist zugleich der 100. Geburtstag von Raphael Konopnicky, dem Großvater des Bandleaders David Konopnicky.
Der im polnischen Kalisz geborene Raphael Konoponicky wuchs in Strasbourg auf, schloss sich 1940 der Resistance an und organisierte den Widerstand an der Cote Azur. 2011 verstarb er im Alter von 96 Jahren.

Resistance-Kämpfer Raphael Konopnicky (1915-2011)
PRIVAT, ORF, WIENER FESTWOCHEN
Nachbericht "Gedenktafel"
Von 18. bis 20. Mai fand am Wiener Morzinplatz schon vor Beginn von "Into the City" die "Gedenktafel" des Künstlers Martin Krenn statt. Er arbeitete sechs Monate lang mit 15 Schülerinnen und Schülern der Gastgewerbefachschule am Judenplatz an der Geschichte des Hotel Metropole aber auch an Themen wie Rechtsradikalismus und antisemitische Tendenzen heute.
Abschluss des partizipativen Kunstprojekts war eine Gedenktafel, bei der am Morzinplatz, dem Ort des Hotels und der Gestapo, ein Menü aus der Blütezeit des Hotels angeboten wurde und gemeinsam mit Zeitzeugen, Historikern und Nachfahren der Besitzerfamilien über aktuelle Themen von Ausgrenzung und Widerstand diskutiert wurde.
Gäste waren u. a. der Journalist und ehemalige Herausgeber der Jerusalem Post Ari Rath, die Menschenrechts-Anwältin und Nachfahrin der letzten Generaldirektorin des Hotels, Marianne Schulze, oder der Sohn der Widerstandskämpferin Rosa Grossmann Breuer, Hans Breuer.
Service
Wiener Festwochen - Into the City
JazzWerkstatt
AutorYno