Angriff auf afghanisches Parlament
In Afghanistan haben die islamistische Taliban das Parlament überfallen. Zunächst wurde von einem Selbstmordattentäter eine große Autobombe auf dem Parlamentsgelände in Kabul zur Explosion gebracht, dann schossen Taliban-Kämpfer auf das Gebäude und auf Abgeordnete. Es gab dramatische Szenen, inzwischen dürfte die Polizei die Situation aber im Griff haben.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 22.6.2015
Stundenlange Feuergefechte
Zunächst gab es eine schwere Explosion, wie Akhar Mohammed berichtet, ein Geschäftsbesitzer in der Nähe des Parlaments. "Ich habe gearbeitet, plötzlich gab es einen unglaublich lauten Knall, dann einen riesigen Feuerball und Schüsse", schildert Mohammed. Ein Selbstmordattentäter hatte sich mit einem Auto voll Sprengstoff am Parlamentsgebäude in die Luft gejagt, schwarze Rauchwolken waren vor und über dem Parlamentsgebäude zu sehen.
Sechs weitere Taliban-Kämpfer griffen unmittelbar danach am Eingang zum Parlament an. Die Polizei und die Sicherheitsleute, die das Parlament schützen, lieferten sich danach zwei Stunden lang Schießereien mit den Angreifern.
Angriff wegen neuem Verteidigungsminister?
Fernsehbilder aus dem Parlamentssitzungssaal zeigten, wie Abgeordnete und Minister in dem rauchverhangenen Raum hin und her irrten, zu telefonieren versuchten und schließlich unversehrt in Sicherheit gebracht wurden.
Die Taliban sagten, ihre Kämpfer seien ins Parlament eingedrungen, dafür gibt es aber keine Bestätigung. Telefonisch bestätigte ein Taliban-Sprecher den Angriff und gab als Grund dafür eine wichtige Parlamentssitzung an. Tatsächlich hätte am Montag der neue Verteidigungsminister Mohammed Masum Staneksai den Abgeordneten präsentiert und von ihnen als Minister bestätigt werden sollen, nachdem das Amt des Verteidigungsministers monatelang unbesetzt war. Staneksai war kurz vor der Attacke im Parlament eingetroffen.
Alle Angreifer getötet
Inzwischen ist die Situation wieder unter Kontrolle, die Polizei hat nach eigenen Angaben alle sechs Angreifer erschossen. Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums sagte, 18 Zivilisten seien verwundet worden, darunter zwei Frauen und zwei Kinder. Ein Kindergarten, der sich in der Nähe des Parlaments befindet, wurde wegen des Angriffs geräumt.
Die Attacke der Taliban lässt allerdings neuerlich Fragen nach der Sicherheit in Afghanistan aufkommen. Parlamentsabgeordnete haben bereits kritisiert, dass die Wachleute am Parlament den Angriff nicht verhindern konnten. Für die Taliban ist der Angriff vor allem ein Propagandaerfolg, weil sie zeigen konnten, dass sie auch in der sichersten Zone des Landes, der festungsartig gehaltenen Hauptstadt Kabul, jederzeit gezielt zuschlagen können.