Roman von Jean Prévos
Das Salz in der Wunde
Der 1901 geborene französische Schriftsteller Jean Prévost befasste sich als habilitierter Romanist in zahlreichen Essays eingehend mit der französischen Literatur. Sein Werk "Das Salz in der Wunde" ist als Paraphrase auf Balzacs Roman "Verlorene Illusionen" angelegt.
8. April 2017, 21:58
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Jean Prévost, "Das Salz in der Wunde", Roman, aus dem Französischen von Patricia Klobusiczky, Manesse Verlag
Der junge Protagonist Dieudonné Crouzon wird des Diebstahls bezichtigt: Er habe dem Freund die Brieftasche entwendet. Die Börse taucht zwar wieder auf, der Verdacht, es versucht zu haben, bleibt jedoch an Crouzon haften und macht ihn unter seinen Freunden zum Paria. Der angehende Jurist sieht seine Zukunft in Paris gefährdet und geht in die Provinz. Dort arbeitet er sich vom einfachen Schreiberling für eine Wahlkampfzeitung zum Journalisten und Verleger hoch, erwirbt schließlich eine Druckerei, wird Werbeunternehmer und schließlich sogar Abgeordneter des Departements.
Crouzons Lebensweg ist mehrfach überschattet: von Rachsucht, Hass und von der Hoffnung, sich dereinst einmal an den ehemaligen Freunden für die Schmach, die sie ihm angetan haben, rächen zu können. Unter dem Titel "Revanche" erschien das Buch denn auch 1934 in seiner ursprünglichen Fassung als Fortsetzungsroman.
Das Werk heute zu lesen, ist ein zwiespältiges Vergnügen. Abgesehen davon, dass es weder stilistisch noch gestalterisch durchgängig überzeugt, tut man sich insbesondere als Leserin mit dem unzeitgemäßen männlichen Blick schwer. Andererseits hat der Autor des Nachworts Joseph Hanimann zur deutschen Erstübersetzung von Patricia Klobusicky das Werk als "verwinkeltes Spiegelwerk seiner Epoche" treffend charakterisiert. Tatsächlich hat Jean Prévost das Selbstverständnis der bürgerlichen Gesellschaft seiner Zeit, des frühen 20. Jahrhunderts, beziehungsweise einen sie prägenden Typus gut wiedergegeben: den Selfmademan, der sein Schiff geschickt auf vielen Meeren steuert, getrieben vom Motiv, es den anderen zu zeigen.