Auftakt beim Festival von Aix
Im südfranzösischen Aix-en-Provence beginnt die 67. Ausgabe der berühmten Opernfestspiele, die mit einem Vor- und Beiprogramm für die Bevölkerung der Region und junges Publikum sowie für junge Talente schon seit Anfang Juni das Leben der Universitätsstadt 30 Kilometer nördlich von Marseille prägen.
26. April 2017, 12:23
Zur Eröffnung heute Abend wird Händels "Alcina" in großer Besetzung gegeben - mit Patricia Petibon und Philippe Jaroussky -, der Auftakt eines Festivals mit der traditionellen Mischung aus Barock, Mozart und zeitgenössischer Musik. Dieses Jahr steht das Thema Mittelmeer im weitesten Sinne im Zentrum - noch stärker als in den vorhergehenden Ausgaben und das, so der langjähriger Direktor Bernard Foccroulle, einladen soll nachzudenken, sich zu erinnern und Utopien zu wagen.
Morgenjournal, 2.7.2015
Würde es Mozart bei uns gefallen?
Was würde Mozart sagen, wenn er in unsere von gewaltsamen Konflikten gezeichnete Welt des Jahres 2015 zurückkommen würde? Diese Frage stellt Festivaldirektor Foccroulle zu Beginn seines Vorworts im Festivalprogramm. Der Versuch einer Antwort soll mit der neuen Produktion der "Entführung aus dem Serail" gegeben werden, für die man mit Martin Kusej einen "politischen Regisseur" verpflichtet hat. Bernard Foccroulle: "Die Leichtigkeit, schön und gut, aber da ist auch die extreme Gewalt, die unsere Welt heute fast täglich erlebt. Welches Licht wirft das auf das Werk und was kann das Werk uns dazu sagen? Das sind Fragen, die wir uns mit dem Regisseur gestellt haben. Er hat mir zum Beispiel gesagt, dass er gewisse Aspekte seiner Inszenierung geändert hat in Folge der Attentate vom Januar."
Ein weiterer Höhepunkt wird Tschaikowskys selten gezeigte Oper "Iolanta" sein, die Peter Sellars vor drei Jahren noch unter Gerard Mortier in Madrid inszeniert hatte. Tschaikowsky hat diese Oper ein Jahr vor seinem Selbstmord komponiert. Sie ist schmerzvoll, dunkel, hat etwas von einer pathetischen Symphonie, aber mit Licht im Innersten.
Die Oper wird an einem Abend gemeinsam mit Strawinskys "Persephone" gezeigt, mit Dominique Blanc, einer der größten französischen Schauspielerinnen, in der Hauptrolle: "Persephones Rolle ist faszinierend. Sie wechselt aus dem Licht in die Dunkelheit, um am Ende wieder ans Licht zurückzukehren. Grundlage ist ein sehr poetischer Text von André Gide, der allerdings ein wenig hermetisch ist."
"Svadba" & "Das Gespenst des Labyrinths"
In der Kategorie "Zeitgenössische Musik" wird das vor vier Jahren welturaufgeführte Werk "Svadba" - der in Kanada lebenden serbischen Komponistin Anna Sokolovic - gezeigt, das in den USA wahre Triumphe gefeiert hat: eine Kammeroper für sechs Frauenstimmen a cappella; ein Stück um Solidarität unter Frauen im Mittelmeerraum am Vorabend einer Hochzeit.
Und ein zweites zeitgenössisches Werk mit starkem musikpädagogischen Engagement steht dieses Jahr auf Programm: "Das Gespenst des Labyrinths" von Jonathan Dove, Theseus‘ Kampf gegen Minothaurus, um junge, zum Tode verurteilte Männer aus Athen zu befreien. "‘Das Gespenst des Labyrinths‘ bringt 300 Amateursänger unter der Leitung von Simon Rattle zusammen", erklärt Bernard Foccroule, "mit einigen professionellen Sängern, mit Musikern des London Symphony Orchestra, aber auch mit Musikern des Mittelmeer-Jugendorchesters."
Libanesische und marokkanische Festivals gewürdigt
Und zum Zeichen dafür, dass dieses Festival in unserer Zeit verankert ist und den Problemen unserer Welt in die Augen schauen will , hat Bernard Foccroulle auch eine Hommage an die Opernfestspiele im libanesischen Baalbeck - die ältesten und namhaftesten im mittleren Osten - mit ins Programm genommen sowie eine andere Hommage an das Festival im marokkanischen Essaouira - wo die vom Aussterben bedrohte jüdisch-arabische Musik gepflegt wird.