Aids-Virus bei Französin verschwunden

Es klingt nach einer wissenschaftlichen Sensation: Meldungen über Babies, die zwar mit HIV geboren wurden, bei denen das Virus dann aber später nicht mehr nachweisbar war, gab es einige: jetzt aber kommt aus Frankreich die Nachricht, dass eine junge Frau, die infiziert geboren und bis zum Alter von 6 Jahren mit einem starken Medikamentencocktail behandelt worden war, dauerhaft infektionsfrei ist. Präsentiert wurde der Bericht bei der Internationalen Aids-Konferenz in Vancouver.

Blutanalysegerät

APA/HELMUT FOHRINGER

Mittagsjournal, 21.7.2015

Beim internationalen Aids–Kongress im kanadischen Vancouver hat das weltberühmte Pasteur–Institut in Paris gestern eine Studie vorgestellt, in der der Fall einer 18-ährigen Französin beschrieben wird, die bei ihrer Geburt mit dem HIV Virus infiziert worden war, jetzt aber, 12 Jahre nach Abbruch der HIV-Behandlung, die sie in ihren ersten Lebensjahren erhalten hatte, völlig symptomfrei ist. Ein bislang in der Welt einzigartiger Fall - so die Wissenschaftler.

Die 18-jährige Französin, die sich nicht zeigt und nicht äußert, war trotz einer Behandlung noch im Mutterleib, Ende 1996 HIV positiv zur Welt gekommen, profitierte unmittelbar nach der Geburt dann von einer Tri–Therapie und die schlug an – das Virus war nach einer gewissen Zeit im Blut nicht mehr auszumachen. Eine Behandlung, die eigentlich lebenslang ist und bei dem Mädchen bis zum Alter von 5 Jahren fortgesetzt wurde – danach hatte man Kind und Eltern eineinhalb Jahre aus den Augen verloren.

Bei der Rückkehr ins Pariser Necker–Krankenhaus, stellten die Ärzte fest, dass das Mädchen frei von Symptomen war und beschlossen daraufhin, die Behandlung nicht wieder aufzunehmen, das Kind stattdessen zweimonatlich zu beobachten. Professor Delfraissy, Direktor der französischen Aidsforschungsagentur: Wir haben jetzt einen Abstand von 12 Jahren nach Einstellung der Behandlung. Dem Mädchen geht es gut, sie geht zur Schule, ist sozial integriert, auch der Mutter geht es gut, die ihre Behandlung fortsetzt. Das Mädchen hat in ihrem Blut kein Virus mehr, allerdings ist das Virus in ihren Zellen in ganz kleinen Mengen noch vorhanden.

Deswegen sprechen die Wissenschaftler auch nicht von einer Heilung, sondern von einer Langzeit – Remission: Sie muss ein Immunsystem haben, das die Mittel gefunden hat, ihren Virus zu kontrollieren und die Vermehrung des Virus zu vermeiden. Man muss von Remission sprechen, denn vielleicht lebt das Virus in drei Jahren wieder auf, wir haben von der Dauerhaftigkeit noch keine Vorstellung. Dieser Fall ist aussergewöhnlich, weltweit der erste, mehr als 12 Jahre einer Langzeitremission im Fall einer HIV Übertragung von der Mutter auf das Kind.

Wirklich erklären können sich die Forscher dieses Phänomen bisher allerdings nicht: Es gibt so viele Dinge die wir noch nicht wissen. Wir müssen jetzt den Mechanismus herausfinden, der dem Immunsystem des Mädchens erlaubt, den Virus zu kontrollieren. Das erwartet man ja letztlich auch von einem Impfstoff. Ideal wäre: anstatt die Vermehrung des Virus zu blockieren, das Phänomen der Kontrolle des Virus auslösen zu können.

Die Wissenschaftler betonen, man müsse mit der Interpretation dieses Ausnahmephänomens noch sehr vorsichtig sein und es dürfe auf keinen Fall dazu führen, dass HIV-Positive zum jetzigen Zeitpunkt auf ihre Behandlung verzichten.