Konstantin Wecker bleibt Visionen treu

Unter dem Motto "40 Jahre Wahnsinn" feiert der Liedermacher Konstantin Wecker sein Bühnenjubiläum. Nun beendet er seine mehrmonatige Tournee mit einer Konzertreihe in Österreich, heute Abend etwa in der Burgarena Finkenstein in Kärnten. Zu hören sind Klassiker wie neue Lieder aus seinem aktuellen Album "Ohne Warum". Und es zeigt sich: Seinen politischen Visionen ist der Musiker und Pazifist treu geblieben.

Konstantin Wecker

"Es ist erschreckend, was es mittlerweile für eine rassistische Gegenbewegung gibt. In Deutschland werden Flüchtlingsheime angezündet in einer Art und Weise, dass es wieder 'Sieg Heil'-Rufe gibt. Langsam fürchte ich, nicht nur von den bekannten Neonazis, sondern so richtig schön aus der Mitte der Gesellschaft."

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Morgenjournal, 6.8.2015

Vision trotz harter Realität

"Ich hab einen Traum, wir öffnen die Grenzen und lassen alle herein / Alle, die fliehen vor Hunger und Mord, und wir lassen keinen allein", singt Konstantin Wecker in seinem "Lied Ich hab' einen Traum". 2000 Flüchtlinge in Österreich sind ohne Dach über dem Kopf: Da wirkt das hoffnungsfrohe Lied von einer offenen Gesellschaft und grenzenlosen Welt reichlich naiv. Doch zu dieser Naivität, dieser Vision einer besseren Welt, ist Wecker immer schon gestanden - trotz der harten Realität.

"Schön aus der Mitte der Gesellschaft"

Ihm sei auch klar, was es derzeit für eine rassistische Gegenbewegung gebe, betont der Musiker: "Das ist erschreckend. In Deutschland werden Flüchtlingsheime angezündet in einer Art und Weise, dass es wieder 'Sieg Heil'-Rufe gibt, und langsam fürchte ich, nicht nur von den bekannten Neonazis, sondern so richtig schön aus der Mitte der Gesellschaft. Da passiert etwas, was mir furchtbar Angst macht."

Dass soziale Medien nicht nur Plattformen für zivilgesellschaftliches Engagement sind, sondern sich auch als Foren für Fremdenhass eignen: Auch das ist für den Liedermacher und politischen Kämpfer längst nichts Neues mehr.

Poetisch-politisches Album

Politisch, aber auch poetisch und bisweilen mystisch präsentiert sich Konstantin Wecker auf seinem neuen Album "Ohne Warum". Bitter klagt er da etwa die deutsche Beteiligung im Afghanistan-Krieg an, singt dann wieder eine rührende Ballade für seine erwachsen werdenden Kinder und vertont den frühromantischen Dichter Novalis.

"Dem Diktat der Wirtschaft unterordnet"

Das Poetische, der Blick nach innen spiele in der Realpolitik keine Rolle mehr, sagt Wecker. Das Ergebnis sei eine Politik, die sich dem Diktat der Wirtschaft unterordne. Doch der Neoliberalismus habe gelehrt, dass politische Visionen unsexy sind, klagt Wecker. Die Unzufriedenen hingegen fänden in rechten Gruppierungen wie Pegida ihre Heimat.

Dass das Feuer im 68-Jährigen auch musikalisch immer noch lodert, lässt sich in aktuellen Konzertberichten nachlesen. Live ist Konstantin Wecker in den nächsten Wochen auf sechs Open-air-Bühnen in Österreich zu erleben.