Hilfe in der Grauzone

Österreich ist zum Zielland aber auch zum Transitland für Flüchtlinge und Migranten geworden. Sie reisen nach und durch Österreich - teils mit Schlepperbanden, teils aber auch mit dem Zug, und manchmal mit Hilfe von Privatpersonen. Es gibt sogar umstrittene Internetinitiativen, die zur sogenannten Fluchthilfe aufrufen. Unabhängig davon hat ein älteres Ehepaar aus Niederösterreich spontan einer Familie aus dem Irak geholfen, in ihr Wunschland Belgien zu gelangen.

Flüchtlingsfamilie

privat/ORF

Morgenjournal, 26.8.2015

Im Regen ausgesetzt

Mit einem Schlepperbus ist eine 6-köpfige irakische Flüchtlingsfamilie nach Österreich gekommen. Aber sie wollte weiter zu Freunden in Belgien, die dort Asyl haben. Ein 61-jähriger krebskranker Niederösterreicher hat sie im Auto dorthin geführt. Er hat vermutet, dass die Familie zwar auch mit dem Zug reisen könnte, aber womöglich an der deutschen oder holländischen Grenze aus dem Zug geholt würde.

Dabei war es eine Art Zufallsbekanntschaft seiner Frau, nahe einer Autobahnabfahrt in Niederösterreich, wo sie ausgesetzt wurden im Regen. Die Iraker hatten nur was sie am Leib trugen - kurzärmelige Kleidung, erzählt die 59-Jährige. Als sie Regenkleidung holt und zurückkommt, ist die Polizei schon da. Panik brach aus bei der Familie. Sie haben gefragt, ob sie vor der Polizei Angst haben müssen, geschlagen zu werden. Das habe sie verneint: Wir sind in Österreich.

Die Polizei sei sehr freundlich gewesen. Nach einem Aufenthalt am Polizeiposten, wird die Familie entlassen und das Ehepaar aus Niederösterreich erhält sogar einen entsprechenden Hinweis. Sie haben sie über Nacht aufgenommen.

13 Stunden nach Belgien

Ein Thema der Gespräche war freilich der Fluchtgrund. Beweise für die Erzählung, dass der Vater, ein Anwalt, mit dem Umbringen bedroht worden ist und dass den Söhnen der Militärdienst drohte, gab es nicht, sagt der 61-Jährige aber, "ich glaube, wir haben schon den richtigen Eindruck bekommen, was Traumatisierung ausmacht und andererseits auch, dass das eine ganz normale Familie ist, wie Du Dir´s einfach wünscht, dass sie in der Nachbarschaft wohnen."

Von der Polizei hatten die Iraker einen Bescheid bekommen. Der Inhalt: "Sie sind illegal in Österreich. In der EU benötigen sie einen Aufenthaltstitel. Sie haben das Bundesgebiet zu verlassen." Der 61-jährige Niederösterreicher fragt: "Also was soll ich machen? Soll ich sie an die ungarische Grenze führen? Oder an die deutsche oder soll ich sie gleich nach Brüssel führen? Es kann mir eigentlich meiner Meinung nach niemand verwehren, Leuten zu helfen, die in einer Notsituation sind. Ob ich sie jetzt führe oder ob sie die ÖBB bis zur Grenze führen, ist doch dasselbe." Und die 59-Jährige meint: "Ich kann doch bitte nicht jemanden fragen, wie kann ich Ihnen helfen? Dann sagt mir derjenige, wie ich helfen kann. Und dann sag´ich: Na bitte, nur ein bischen. Und dann dreh ich mich um und geh."

13 Stunden hat die Fahrt nach Belgien gedauert - um Kontrollen zu entgehen nur mit zwei kurzen Tankstopps. Schlepper sei er eigentlich keiner, sagt der krebskranke 61-Jährige, er habe ja keinen Cent genommen, aber: "Das war natürlich auch ein Thema: Wenn es zu irgendwelchen Problemen kommt: Das schau ich mir an, ob sie mich einsperren, wenn ich in Chemotherapie einmal in der Woche ins Spital muss."

Das Innenministerium warnt aber: Wer unentgeltlich solche Fahrten wagt, dem drohen zwar keine Haftstrafen aber bis zu 5000 Euro Geldstrafe.