Die "Cafe Sonntag - Glosse" von Elfriede Hammerl
Pränatale Umsicht. Oder: Wo bleibt die Eigenverantwortung?
Heidi und Hannes sind definitiv nicht xenophob. Einige ihrer besten Freunde sind Ausländer. Zum Beispiel Kemal, der diese schicke Kunstgalerie in der Innenstadt betreibt. Und sie schätzen ihre bosnische Putzfrau. Frau Samira ist eine Perle, sagt Hannes, preiswert und tüchtig. Rasima, verbessert ihn Heidi. Sie heisst Rasima. Ehrlich? Na, wie auch immer. Hauptsache, sie putzt und stiehlt nicht.
24. September 2015, 07:29
Mit ihrer serbischen Vorgängerin waren sie allerdings weniger zufrieden. Oder war sie Albanerin? Jedenfalls; keine Ahnung von Möbelpflege. Man glaubt es nicht, sagt Heidi, aber sie hat die Biedermeierkommode feucht abgewischt!
Selbstverständlich stehen Heidi und Hannes dem ganzen Flüchtlingselend nicht gleichgültig gegenüber. Obwohl man sich schon fragt, was diese Leute sich vorstellen, wenn sie unbedingt hierherkommen wollen. Das muss ihnen doch klar sein, dass hier kein Luxusleben auf sie wartet!
Eben nicht, sagt Heidi. Solange die hier Fotos von Zeltstädten nach Hause SIMSEN, glauben die zu Hause doch, das Leben hier ist ein einziger Campingurlaub!
Überhaupt, sagt Hannes, wäre es gescheiter, sie würden das Geld, das sie den Schleppern zahlen, in ein kleines Geschäft in der Heimat investieren. Das wäre ja doch wichtig, dass sie die Wirtschaft daheim ankurbeln, statt ihre ganze Energie ins Flüchten zu stecken!
Hannes kennt einen Mann, der hat mit Fitness- und Sonnenstudios ein Vermögen gemacht. Sonne haben die dort doch genug.
Also, das ist ja jetzt sehr die Frage, ob die wirklich alle vor Krieg und Terror flüchten. Und ausserdem: Warum wählen sie denn diese terroristischen Regimes, wenn sie sich vor ihnen fürchten? Jedes Land hat die Regierung, die es verdient, sagt Hannes immer. Was heisst das, keine Wahl? Sollen sie sich halt ein Wahlrecht erkämpfen! Wir haben uns unser Wahlrecht auch erkämpft. Seinerzeit. Also nicht Hannes persönlich, aber seine Vorfahren halt. Irgendwie.
Worauf Hannes und Heidi hinaus wollen, das ist die Eigenverantwortung, ohne die es nicht geht.
Es kann kein Zufall sein, dass Hannes und Heidi hier geboren wurden, in Friedenszeiten, in eine Phase prosperierender wirtschaftlicher Verhältnisse hinein. Da muss schon sowas wie pränatale Umsicht am Werk gewesen sein. Na klar macht es einen stolz, wenn man sieht, wie klug und vorausschauend man war, nicht nur pränatal, sondern eigentlich schon vor der eigenen Zeugung.
An Hannes und Heidi zeigt sich, dass Leistung sich lohnt. Ihre Leistung ist es, dass sie sich davor gehütet haben, zur falschen Zeit in der falschen Weltgegend auf die Welt gekommen zu sein. Ja, darauf bilden sie sich was ein. Und zwar zu Recht. Weil: Was Recht ist, bestimmen immer noch sie. In ihrem Land, das sie eigenhändig zu dem gemacht haben, was es heute ist. Naja, nicht direkt eigenhändig. Mehr genetisch. Oder so. Oder was.