VW-Skandal: Schaden im Milliardenbereich

Von 100 auf null - der Volkswagenkonzern hat eine Vollbremsung hinlegt. Das Hindernis war zwar erkennbar, wurde aber zumindest unterschätzt. Sämtliche Ausweichmanöver der Konzernlenker sind zu spät gekommen. Der Abgasskandal in den USA, der sich seit Mai des Vorjahres aufgebaut hat, hat bei Europas größtem Autobauer enormen Schaden angerichtet.

Mittagsjournal, 24.9.2015

Der rein finanzielle Schaden lässt sich noch nicht beziffern, er wird aber sicher im zweistelligen Milliardenbereich liegen. Da ist einmal die Strafe, die Volkswagen in den USA zahlen muss - bis zu 18 Milliarden Euro könnten es sein. Es warten Sammelklagen in mehreren Ländern, es warten Anwalts- und Gerichtskosten und hinzu kommen die Ausgaben für die Rückholaktion von elf Millionen Autos. Auch das wird in die Milliarden gehen. Noch nicht gerechnet sind die Kosten, die in die zusätzliche Entwicklung wirklich schadstoffarmer Motoren fließen werden und ebenso in neue Imagekampagnen.

Der Konzern hat an der Börse massiv an Wert verloren und er muss damit rechnen, dass er deutlich weniger Autos verkauft - die Nachfrage nach Dieselmodellen ist regelrecht eingebrochen. Taugt der Skandal, um den Volkswagenkonzern zu Fall zu bringen?

Der Konzern mit seinen 12 Marken - vom LKW bis zum Motorrad - ist ins gewaltig ins Schleudern gekommen. Dass er aufhört zu existieren, kann ich mir nicht vorstellen. VW ist für den Großaktionär Land Niedersachsen systemrelevant und Bundespolitik sowie Gewerkschaft haben schon während der Absatzkrise in den 1990er gezeigt, dass sie schnell helfen. Aber der Konzern wird Zeit brauchen, um wieder in die Spur zu finden, vor allem mit der Kernmarke Volkswagen. Rein finanziell gesehen steht Volkswagen sehr gut da - im Vorjahr hat er annähend 13 Milliarden Euro Gewinn geschrieben, die Kassen sind gut gefüllt. Das Geld fließt jetzt aber nicht in neue Modelle sondern in die Altlastenbeseitigung und das heißt auch mehr Platz für die Konkurrenz.

Morgen trifft sich der Aufsichtsrat in Wolfsburg und will einen neuen Vorstandschef präsentieren. Klar ist, dass der neue Mann an der Spitze jede Menge Aufräumungs- und Aufklärungsarbeit zu erledigen hat. Aber in wie weit muss er den Konzern neu aufstellen?

Volkswagen braucht eine neue Unternehmens- und Führungskultur. Der Konzern wird noch immer von Wolfsburg aus gesteuert, da kommen auch die Einflüsse von Politik, Gewerkschaft und dem Mehrheitsaktionär, den Familien Porsche / Piech zusammen. Um weltweit zu reüssieren ist über die Jahrzehnte ein System von Abhängigkeiten, Seilschaften und Gehorsam entstanden. Spätestens unter Ferdinand Piech hat der Begriff „nach Gutsherrenart“ die Runde gemacht und Piech, der langjährige Vorstands- und Aufsichtsratschef, hat noch immer Einfluss auf das Konzerngeschehen, selbst wenn er keine Funktion mehr innehat. Wer immer der neue an der Konzernspitze wird - er wird nicht umhin kommen, Volkswagen eine frische Unternehmenskultur zu geben.