Fragwürdigkeiten im Drogenkrieg
"Sicario", so nennt man in Mexiko Auftragskiller, und die treiben im gleichnamigen Film gehörig ihr Unwesen, denn im Kampf gegen den Drogenhandel zwischen den USA und Mexiko gibt es keine Gnade. Auch nicht seitens der Polizei. Wie sehr damit aber auch an zivilisatorischen Grundregeln gerüttelt wird, zeigt der Film "Sicario" als spannendes Stück Unterhaltungskino.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 29.9.2015
Zwei Dutzend Leichen findet die Polizei in den Hohlräumen einer Spanplattenwand - blutverkrustet, halbverwest, alle mit einem Plastiksack über dem Kopf, das in einem Haus in Arizona. Eine Sondereinheit des FBI sucht fieberhaft nach den Tätern, die Spur führt zu einem mexikanischen Drogenkartell. Gleich zu Beginn des Films "Sicario" sollen keine Zweifel aufkommen, mit welcher Brutalität und Bestialität man es hier zu tun hat. Damit wird beim Kinozuseher quasi um Verständnis geworben für das Folgende.
Drastische Polizeiarbeit
Denn drastische Verbrechen erfordern drastische Polizeiarbeit. Aber wie weit darf man auf der Suche nach Gesetzestreue die Gesetze biegen oder gar brechen? Mit dieser moralischen Herausforderung sieht sich die ambitionierte Ermittlerin Kate (Emily Blunt) konfrontiert. Diese müsse einsehen, dass sie nicht einmal an der Oberfläche des Verbrechens kratze, wenn sie sich an die Regeln halte, so Schauspielerin Emily Blunt.
Da wird ein ehrenwerter Idealismus von den Nöten der Praxis zertrümmert, Integrität hat in dieser Welt als Lebens und Überlebenskonzept ausgedient. Doch genauso zerbricht Kate, nicht zuletzt als einzige Frau unter Männern, an Kompetenzgerangel, an den undurchschaubaren Rachefantasien eines zwielichtigen Kollegen (Benicio del Toro) und an der Frage, wie man selbst menschlich bleiben kann, wenn man sich zunehmend der Unmenschlichkeit seiner Widersacher anpasst.
Pessimistisches Weltbild
Regisseur Denis Villeneuve stößt seine Protagonistin in eine paranoide Zwischenwelt, in der die Vertrauensfrage auch innerhalb der eigenen Reihen neu gestellt werden muss. Es ist ein dämonisches Flirren, dem auch der Kinozuseher nicht entkommen soll. In schmutzigem Gold-Gelb gehalten, oszilliert der Film zwischen hartem, nicht immer klischeefreiem Drogen-Thriller, Action- und Gewaltausbrüchen und Psycho-Spannung. Man muss Fragwürdiges tun, um noch Fragwürdigeres zu verhindern, auf diese pessimistische Formel bricht der Film "Sicario" sein düsteres Weltbild herunter. Angesichts der medial transportierten Faktenlage aus Mexiko gibt es für mehr Hoffnung auch wenig Anlass.