Johnny Depp als Mafioso in "Black Mass"

Lange Zeit stand James "Whitey" Bulger auf der Liste der zehn meistgesuchten Flüchtigen des FBI mit einem Kopfgeld von zwei Millionen Dollar. Dass der Mann sein Geld wert war, zeigt nun die Filmbiografie "Black Mass", die Bulgers Aufstieg zum Mafiaboss in Boston nacherzählt. Den Mafioso mit schütterem Haar und blassem Teint spielt Johnny Depp.

Johnny Depp

WARNER BROS.

Mittagsjournal, 14.10.2015

Mit FBI-Schutz zum Paten!

Heute sitzt er hinter den Gittern eines Gefängnisses in Florida, doch lange Zeit stand James "Whitey" Bulger auf der Liste der zehn meistgesuchten Flüchtigen des FBI. Nun erzählt eine Filmbiografie seinen Aufstieg zum Mafia-Boss in Boston.

In einem Moment lässt James "Whitey" Bulger (Johnny Depp) einer alten Dame die Einkaufstasche nach Hause tragen und schon im nächsten tritt er seinem Gegner den Stiefelabsatz ins Gesicht. Natürlich ist so eine Unberechenbarkeit ein dankbarer Charakterzug im Kino, denn nie weiß man als Zuseher, was gleich wieder passieren kann, gerne auch mal mit der bloßen Hand an der Gurgel des Gegenüber. Das sorgt für Spannung, selbst bei einem harmlosen Tischgespräch.

Drogenhandel, Geldwäsche, Mord ...

Bulger, der Dämon, das ist auch die Lieblingsrolle, die der Film "Black Mass" seinem Protagonisten umhängt und die Argumente dafür liefert Bulgers Biografie, abgespult aus krimineller Perspektive: Drogenhandel, Geldwäsche, illegales Glücksspiel, Mord, Erpressung und Bestechung. Dass es so weit kommen konnte hat Bulger auch dem FBI zu verdanken, denn ein Jugendfreund beim FBI wirbt den Gangster als Informanten gegen die hiesige Italiener-Mafia an. Erst unter dem FBI-Schutz, und das ist eine böse Ironie der Geschichte, kann Bulger sein eigenes Imperium aufbauen. Dieses Spitzeltum sei eine "reine Geschäftsentscheidung" gewesen, glaubt Hauptdarsteller Johnny Depp.

Traum und Alptraum

Regisseur Scott Cooper entscheidet sich für eine geradlinige Inszenierung, die zunehmend ins Aufdeckerfach tendiert. Wann wird der verlogene Deal zwischen dem Verbrecher und der Polizei endlich auffliegen? Dem amerikanischen Traum auch seinen Alptraum, dazu gehört an vorderster Stelle - und auch immer wieder von der Filmgeschichte forciert - die Figur des Gangsters, mit Abscheu, aber auch insgeheimer Bewunderung zur Kenntnis genommen. "Black Mass" huldigt, routiniert aber kaum mehr als Genredurchschnitt, diesem populären Mythos nach dem Motto: Jedem halbwegs prominenten Mafioso seine Kinobiografie. Auf dieser Liste kann nun ein weiterer Name abgehakt werden.