Gedichte von Christoph Wenzel

Lidschluss

Christoph Wenzel kommt aus Hamm in Westfalen, dem Ostrand des Ruhrgebiets, wo der Braunkohlen-Bergbau vielen Generationen ein Einkommen sicherte. In seinem neuen Band führt uns der Dichter an einen geschichtsträchtigen Ort, in eine Welt der Gruben und Schächte, der Fluren und Maisfelder, der Kraniche und Bienen.

"Mit beachtlichem Einfallsreichtum und sprachlichem Aufwand nimmt sich Christopher Wenzel das Phänomen Eintönigkeit in der deutschen Provinz vor."

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Christoph Wenzel, "Lidschluss", Edition Korrespondenzen

Die wirtschaftliche Lage im Ruhrgebiet hat sich dramatisch verändert, aber der 1979 geborene Autor hat sie noch gesehen: die Schlote, deren Rauch den Himmel verdüsterte. "die blätter welkten rußschwarz", so drückt er es aus, der in seinen Gedichten die Region in kräftigen Bildern zeichnet. Aus dem einstigen Stolz und Sorgenkind der Bundesrepublik ist ein Landstrich geworden, der von vergangener Größe zehrt und heute recht dürftig aussieht.

Dabei durfte das Wirtschaftswunderland auf das Ruhrgebiet richtig stolz sein, weil es als Symbol für Fortschritt und Aufbau nach der Zerstörung des Krieges vorzeigbar war. Als Sorgenkind bedauerte man es, weil sich die Verschmutzung der Umwelt und der miserable Gesundheitszustand der Bewohner nicht kaschieren ließ. Ein mutiger Politiker wie Willy Brandt, mindestens so kraftvoll und sichtbar energiegeladen wie das Ruhrgebiet, forderte deshalb 1961 in einer Wahlrede: "Der Himmel über dem Ruhrgebiet muss wieder blau werden."