Bankenverkauf als Wurzel des Misstrauens
Die Politik steht angesichts der Flüchtlingsbewegung vor großen Herausforderungen. Doch SPÖ und ÖVP streiten, ob an der Grenze zu Slowenien ein Zaun gebaut werden soll. Es sind tief sitzende Kränkungen, die die innere Verfasstheit der rot-schwarzen Koalition prägen. Exemplarisch war da der Verkauf der schwarzen Creditanstalt an die rote Bank Austria vor fast zwanzig Jahren.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 7.11.2015
"Massive Einfluss-Sphären der Parteien"
Kommenden Mittwoch wird die Unicredit bekanntgeben, was sie mit der Bank Austria vorhat. Die Spekulationen im Vorfeld gingen bis hin zum Verkauf des Privatkundengeschäfts an die BAWAG. Es wird wohl etwas Großes. Einen Tag später kommt ein Buch auf den Markt, das den Verkauf der Creditanstalt an die Bank Austria vor 19 Jahren beleuchtet - auch etwas Großes. Der Industrielle Herbert Cordt ist Herausgeber. Er hat gemeinsam mit dem Journalisten Gerd Millmann mit damaligen Akteuren gesprochen. Und die nehmen sich heute kein Blatt mehr vor den Mund.
Der damalige Bundeskanzler und SPÖ-Chef Franz Vranitzky schildert, wie ÖVP-Obmann Erhard Busek wegen des CA-Verkaufs zu ihm gekommen sei und ihn gewarnt habe: "Ich kann das in meiner Partei gar nicht vertreten, wenn das keine schwarze Bank bleibt." Schwarze Bank, rote Bank. Der aktuelle Bank Austria-Chef Willibald Cernko erzählt über die CA damals: "Da hatte die Industriellenvereinigung ein Vorschlagsrecht. Da hatte die Wirtschaftskammer Wien ein Vorschlagsrecht für ein Vorstandsmandat etc. Das waren schon massive Einfluss-Sphären der Parteien." Deshalb habe sich die ÖVP auch erfolgreich gegen eine Beteiligung der Credit Suisse gewehrt, die Vranitzky angeleiert hatte.
Wirtschaftsflügel gegen CA-Übernahme von Raiffeisen
Ausgerechnet die ÖVP hat auch den Einstieg von Raiffeisen in die CA verhindert, schildert der damalige Raiffeisen-Boss Christian Konrad: "Was ich unterschätzt habe, war die Eifersucht in den Reihen der eigenen Partei. Für viele in der ÖVP konnte es nicht sein, dass Raiffeisen die Bank übernimmt. Der Wirtschaftsflügel war strikt dagegen."
Und hat es dem damaligen Finanzminister Ferdinand Lacina von der SPÖ leicht gemacht, "Nein" zu sagen. Dann ist Bank Austria-Chef Gerhard Randa an Vranitzky herangetreten - in einem Schwechater Wirtshaus, wie der sich erinnert. Er habe sich spontan dagegen verwahrt, so Vranitzky, und gesagt: "Das ist eine innenpolitische Lawine, eine Bombe, das geht nicht." Doch die ÖVP-Seite hatte dem Angebot der roten Bank nichts entgegenzusetzen und die Geschichte nahm ihren Lauf.
Koalitionsbruch offiziell vermieden
Die ÖVP stimmte im Nationalrat mit der FPÖ gegen den Koalitionspartner SPÖ. Am 12. Jänner 1997 war der Verkauf der CA an die Bank Austria perfekt. Die ÖVP hatte in den hochbrisanten Verhandlungen den schrittweisen Rückzug der öffentlichen Hand - sprich Gemeinde Wien - aus der Bank Austria durchgesetzt.
Der Koalitionsbruch wegen des CA-Deals wurde vermieden. Doch drei Jahre später machte Wolfgang Schüssel dann als Drittstärkster Schwarz-Blau, warf die SPÖ als stärkste Partei aus der Regierung und hielt sie sechs Jahre von der Macht fern. Das eine wie das andere haben sie sich nie verziehen.