Woody Allen: "Irrational Man"

Der perfekte Mord ist im Werk von Woody Allen ein konstantes Motiv, etwa in Filmen wie "Manhattan Murder Mystery" oder "Match Point". Auch in seinem neuen Film "Irrational Man" steht ein Mord im Mittelpunkt, der das Leben eines Philosophieprofessors wieder ins Lot bringt. Glaubt man zumindest. In den Hauptrollen sind Joaquin Phoenix und Emma Stone zu sehen.

Mittagsjournal, 6.11.2015

Fährt ein Mann mit einem Volvo älteren Baujahrs und einem Flachmann in der Hand durch die Gegend, dann weiß man schon: Ein Intellektueller ist wieder einmal in der Krise. Und tatsächlich: Der Philosophieprofessor Abe Lucas (Joaquin Phoenix) sieht keinen Sinn mehr in seinem Dasein, auch wenn er gerade an eine neue Uni gekommen ist und dort zum Beispiel der weibliche Zuspruch keineswegs ausbleibt.

Doch dann ein Lichtblick. Frei nach Dostojewskis "Schuld und Sühne" belauschen Abe und eine Studentin (Emma Stone) ein Gespräch in einem Restaurant. Ein korrupter Richter macht Menschen das Leben zur Hölle. Der Mann muss weg, beschließt Abe, erledigt den Job gleich selbst und befreit sich so von jeglicher Blockierung, auch wenn die Tat irrational ist. Das sei aber egal, meint Woody allen, die Tatsache, dass man etwas fest glaube, sei selbst schon sinnstiftend.

Woody Allen widmet sich - vielleicht etwas zu ausführlich - den mentalen Beulen seiner Hauptfigur, ein philosophischer Phrasendrescher und Allens Studienobjekt für angewandte Philosophie, weniger Theorie und mehr Praxis. Die Philosophen können nämlich reden, so viel sie wollen, so Woody allen, das Leben überrolle einen ohnehin von selbst.

Woody Allen ist immer noch ein Könner, wenn es darum geht, die Chiffren menschlicher Lebensgefühle mit sarkastischem Unterton in Bilder und Töne des Kinos zu übersetzen. Das vermeintlich perfekte Verbrechen als Poker-Spiel - bei Woody Allen nichts Neues; das Bluffen und der Übermut beim Siegen, wenn man weiß, dass die Niederlage nicht unmöglich, aber doch weit weg ist; offene Geständnisse, die nur der Geständige selbst richtig deuten kann; die Anbahnung eines Liebesspiels mit verklausulierter Interessensbekundung.

"Ethische Strategien", so ausgerechnet lautet der Titel einer Vorlesung des Professors, der gerne Kant, Kierkegaard und Heidegger predigt, sich die Moral aber zu recht biegt, wie er will. So lernt man in "Irrational Man" wenig über die Philosophie, dafür umso mehr über das Leben. Und das ist alles andere als unvernünftig.