Olga Neuwirth meets Klaus Nomi
Die österreichische Komponistin Olga Neuwirth hat bereits 1998 für die Salzburger Festspiele eine Hommage an Countertenor Klaus Nomi geschrieben. Gestern Abend erlebte eine komplettierte Kammerorchesterfassung im Rahmen von Wien Modern ihre Uraufführung. Das ORF RSO Wien spielte unter Cornelius Meister.
8. April 2017, 21:58
Er war barocker Opernsänger und schrille Popfigur zugleich: Der deutsche Countertenor Klaus Nomi, der in der New Yorker Kreativszene der 1970er Jahre groß wurde und früh an Aids verstarb, inspirierte viele nachfolgende Künstler - nicht zuletzt Olga Neuwirth.
Morgenjournal, 10.11.2015
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"Seltsam" ist wohl ein häufig gebrauchtes Wort, wenn es um Klaus Nomi geht. Ein Countertenor in der Popmusik, die hyperstilisierten Bühnenshows zwischen Barock und Science-Fiction und die selbstverständliche Kombination von Oper und Pop: Das galt sogar unter Nomis Zeitgenossen in der New Yorker Subkultur-Szene als seltsam. Doch auch Olga Neuwirth gebraucht dieses Wort, wenn sie über die Kunstfigur Klaus Nomi spricht, und sie meint es ganz klar als Kompliment.
Vom Entstehen neuer Farben
Der Falsettstimme ist Klaus Nomi als Markenzeichen geblieben; auch Olga Neuwirth setzt diese Gesangstechnik in ihrer Musik vielfach ein - Klaus Nomi dürfte da keine unwesentliche Inspirationsquelle gewesen sein. "Meine Instrumentation ist auch so, dass man oft nicht wissen soll, welches Instrument spielt; es gibt eine neue Farbe in der Kombination und das ist der Countertenor schon selbst", sagt die Komponistin.
Neun Songs von Klaus Nomi hat Olga Neuwirth unter die Lupe genommen und orchestral verfremdet - darunter bekannte Nummern wie "Simple Man", "Wasting My Time" oder den "Cold Song". Genau diese neun Nummern hatte Neuwirth bereits 1998 im Sinn, als sie den Kompositionsauftrag der Salzburger Festspiele bekam - dort goutierte man den Popmusik-Bezug der Komponistin allerdings gar nicht, also konnte sie nur vier Songs verwirklichen. Zehn Jahre später baute Neuwirth die Bearbeitungen zu einem multimedialen Singspiel mit zusätzlichem Schauspieler und Videoeinspielungen aus. Beim Festival Wien Modern, das heuer wieder nach Schnittstellen zwischen Pop und Neuer Musik sucht, präsentiert Neuwirth nun die fertige Kammerorchesterfassung ihres Klaus-Nomi-Projekts.
Zwar ohne Schminke, aber ebenso kraftvoll und präsent wie Nomi selbst versetzte Countertenor Andrew Watts das Publikum in Stimmung. Eine Hommage voller Ironie, Melancholie und Spannung, der das ORF Radio-Symphonieorchester gestern Abend eine weitere Uraufführung voranstellte: nämlich das Orchesterstück "Anamorph II" von Gerhard E. Winkler.