"Bridge of Spies": Spielberg und der Kalte Krieg
Die Glienicker Brücke am Stadtrand von Berlin war im Kalten Krieg mehrfach Ort des Austauschs von Spionen und politischen Gefangenen zwischen Westen und Osten. Auf diese Brücke bezieht sich auch der Titel des neuen Films von Steven Spielberg "Bridge of Spies/Der Unterhändler", in dem es um den ersten Gefangenenaustausch zwischen den USA und Russland im Jahr 1962 geht. In der Hauptrolle eines Anwalts und Unterhändlers ist Tom Hanks zu sehen.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 23.11.2015
Kuriositäten des Kalten Kriegs
Im Kalten Krieg war Misstrauen die wichtigste Währung. Nie konnte man genau wissen, wer wem einen Schritt voraus war. Weil es Russen und US-Amerikaner aber immer wieder wissen wollten, blühte das Spionagewesen. Rudolf Iwanowitsch Abel (Mark Rylance) war ein russischer Spion, der 1957 in den USA enttarnt wurde. Der Anwalt James Donovan (Tom Hanks) soll ihn im Prozess verteidigen. Seine Begeisterung hält sich vorerst in Grenzen.
Anwalt im Loyalitätskonflikt
Der russische Spion und der amerikanische Anwalt. Auf den ersten Blick ein klares Match. Doch Regisseur Steven Spielberg löst die Feindbilder auf der Ebene der Individuen auf. Abel und Donovan beharren auf ihren persönlichen Haltungen, auch wenn sie ideologisch gegensätzlich sind - beide verteidigen Würde und Anstand gegen Politik und Propaganda. So etwas verbindet. "Donovan hatte das Gefühl, sich für einen guten Menschen einzusetzen", meint Tom Hanks. Spielberg stürzt den Anwalt in einen Loyalitätskonflikt: Dessen Auffassung von Recht kollidiert mit einem hysterischen Patriotismus in der amerikanischen Öffentlichkeit und den Verpflichtungen gegenüber seiner Familie. Doch der Respekt vor dem Gesetz überwiegt.
Solider Agententhriller
Den Spannungsvortrieb für Spielbergs Charakterporträt liefert ein atmosphärisch solider Agententhriller. Ein von Donovan verhandelter Austausch des Russen mit einem gefangenen US-Piloten gerät zum kuriosen Abbild des Kalten Kriegs: eine DDR mit Mauerbauambitionen, aber zugleich der Sehnsucht nach internationaler Anerkennung. Keineswegs will man nur als Handlangers Russlands gelten, der Zynismus profilierungssüchtiger US-Agenten, eine US-Justiz als Farce, und das forsche Taktieren im Kampf der Informationen.
Kollektive Paranoia
Mit lakonischem Unterton - man spürt die Mitarbeit von Joel und Ethan Coen am Drehbuch - inszeniert Spielberg den Kalten Krieg als Schach und Pokerspiel. Darin wird ein Mann zum Helden, widersteht Politmobbing und Gesinnungsterror und lässt es sich - in einer Zeit kollektiver Paranoia - nicht nehmen, auf Verstand und Gefühl gleichermaßen zu vertrauen. Und so referiert Spielberg in "Bridge of Spies" über eine Vergangenheit, die auch der Gegenwart etwas zu erzählen hat.