Martin Walker: Mein Périgord
Der schottische Historiker und Journalist Martin Walker wurde durch seine Erfindung von "Bruno - Chef de Police" zum Bestseller-Autor. Er siedelte Kriminalfälle in seiner Wahlheimat im Périgord an. Ursula Burkert hat ihn dort besucht.
8. April 2017, 21:58
ORF
Das kulinarische Herz Frankreichs.
Am Markt von Le Bugue
Ein Tag mit Martin Walker in Le Bugue beginnt im Café Cauet mit Kaffee und Croissant. Knallig orange heben sich die Plastikstühle auf dem Trottoire vom Sandstein der Fassade ab. Ist es draußen warm genug, nimmt Martin Walker seinen Espresso dort ein, sonst im geschäftigen Inneren wo sich Marktbesucher und Verkäufer gleichermaßen stärken. Am Dienstag ist Wochenmarkt in Le Bugue und laut Walker ist dieser der beste der ganzen Region. Auf dem Platz vor dem Rathaus, unter den Arkaden und entlang der Rue de Paris kann man je nach Saison Spargel, frische Erdbeeren, Gemüse, Käse aus Audrix, Foie Gras de Canard und Pasteten aller Art sowie Galets du Périgord (eine deftige Wurst in Form eines kleines Laibes) kaufen. Alle Waren kommen von den Bauern und Produzenten aus der Region. Die Wege sind kurz, die Qualität hervorragend.
Martin Walker, der im Jahr 1999 in Le Bugue einen verfallenen Bauernhof kaufte, renovierte und seither ein Drittel des Jahres hier verbringt, genießt sichtlich seinen Einkaufsbummel: ständig begrüßt er Bekannte mit Handschlag, die Damen mit Küsschen auf die Wangen. Mr. Walker kostet, fachsimpelt und kauft schließlich frisches Bauernbrot, Entenfilets, Aillou und Käse (Tomme d’Audrix) bei Le P’tit Jean de Mai. Der Metzger schenkt ihm noch ein Stück Entenleber-Pastete. Das solle er sich unbedingt mit einem Schluck Monbazillac, dem Lieblingswein des fiktiven Chef de Police Bruno genehmigen.
ORF/URSULA BURKERT
Auf den Spuren des Polizeichefs
Alles trägt sich beinah so zu wie in St. Denis, wie Le Bugue in den "Bruno"-Romanen Martin Walkers heißt. Durch seine Erfindung von Bruno Courrèges, der als genussfreudiger und menschenfreundlicher "Chef de Police" in den Tälern der Dordogne und der Vézère ermittelt, katapultierte sich der schottische Schriftsteller, Historiker und politische Journalist zum Bestseller-Autor und machte das Périgord zu einem touristischen Hoffnungsgebiet.
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Die durch ein feucht-warmes Mischklima begünstigte Region war über die Jahrhunderte von Kleinbauern bewirtschaftet worden, doch der Rückgang des Tabakkulturen und der Mangel an Industriestandorten machten sie zum Krisengebiet, geprägt von Landflucht und Abwanderung. Seit Martin Walker Bruno Corrèges hier ermitteln lässt, hat sich die Lage etwas verbessert. Vorwiegend deutsche und britische Touristen machen sich seit etwa zehn Jahren auf kulinarische Spurensuche zu den Schauplätzen der Romane. Manchmal kann man sogar Martin Walker selbst als Reiseführer gewinnen: zum Rugby-Platz, an dem Bruno die Jugendmannschaft in seiner Freizeit trainiert, ebenso wie zum Chateaux de Vitriolle, in dem im Buch „Delikatessen“ eine Sicherheitskonferenz tagt.
Das Tal der Vézère, das wegen der ersten Funde von Überresten des Cro-Magnon-Menschen als Wiege der Menschheit bezeichnet wird, steht im Mittelpunkt des Romans „femme fatale“. In „Schwarze Diamanten“ spielen die Trüffel des Périgord Noir eine wichtige Rolle. Immer wieder baut der Historiker Walker Exkurse in die Urgeschichte oder in die Zeit der Résistance in seine Romane ein. Er sieht sich eher in der Rolle des Vermittlers von Land und Leuten. Dichter sei er gewiss keiner, meint er. Das Krimi-Genre ist ein geeignetes Vehikel seiner Wahlheimat mit all ihren Menschen, die ihm ans Herz gewachsen sind, seine Reverenz zu erweisen.
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