Der Semiotiker, Philosoph und Romancier im Gespräch mit Renata Schmidtkunz
Umberto Eco live im Burgtheater erleben
Es ist sein erklärtermaßen letzter Roman. In "Nullnummer" hält Eco einer verrotteten Medienlandschaft den Spiegel vor und thematisiert den Staatsterror in Europa. Renata Schmidtkunz spricht mit ihm über die politische Zukunft Italiens, den öffentlichen Stellenwert von Verschwörungstheorien und darüber, was wichtiger ist: Romane zu schreiben oder mit den Enkelkindern zu spielen.
8. April 2017, 21:58

PETER-ANDREAS HASSIEPEN
HEUTE ABEND
Seien Sie live beim Gespräch mit Umberto Eco dabei, am 3. Dezember um 20.00 Uhr im Burgtheater Wien, Universitätsring 2, 1010 Wien
Peter Matic liest aus Ecos neuem Roman "Nullnummer".
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Burgtheater - Umberto Eco, "Nullnummer"
"Ich habe das Buch nicht gelesen." Oder: „Ich habe mich schrecklich gelangweilt.“
Sprüche aus der ZDF-Sendung Das Literarische Quartett dem verlängerten Arm des gymnasialen Literaturunterrichts. Sie galten dem Buch Das Foucaultsche Pendel des italienischen Bestsellerautors Umberto Eco, das 1990 erschienen war. Einzig Sigrid Löffler wagte eine Verteidigung Ecos gegenüber ihren Mitdiskutanten Reich-Ranicki, Karasek sowie dem Leseverweigerer und Schriftsteller Jurek Becker.
Eco, der Weltberühmte, wurde nicht immer nur gerühmt. Schon gar nicht von den Kritikern. Immer wieder passierte es, dass man dem 1932 in Alessandria im Piemont Geborenen Weitschweifigkeit, Detailversessenheit, zur Trivialität neigende Erzählmuster und sogar Fadesse vorwarf. Aber auch Kritiker können irren. Was die einen zum Gähnen bringt, erschließt anderen die europäische Geistesgeschichte, um die Gegenwart deuten zu können.
Auge in Auge mit dem Publikum
Eco bedient das Genre des Historienromans mit kriminalistischen und Abenteuerelementen auf höchstem Niveau. Seine Vorliebe für Fälschungen und Verschwörungstheorien findet sich in jedem seiner Bücher. Und das wiederum hat einen Grund: Er will die Lesenden verstehen lassen, was das Wesen dieses Falschen, Unwahren und der Verschwörungstheorien ist. Und weil der Professor emeritus der Universität von Bologna sich selbst schätzt, legt er auch Wert darauf, seinem Publikum auf Augenhöhe zu begegnen. Das Unvergleichliche seiner Bücher liegt darin, dass in ihnen ein Wissensschatz enthalten ist, der ohne sie der großen Öffentlichkeit verborgen bliebe.
Umberto Eco ein Querdenker
Umberto Eco scheut sich nicht, im öffentlichen Diskurs Positionen zu beziehen, mit denen er aneckt: So plante er etwa ein Seminar zu Hitlers Mein Kampf, das allerdings nie zustande kam. Und in seinem Roman Der Friedhof von Prag (2011) setzte er sich mit dem sogenannten "Protokoll der Weisen von Zion" auseinander, einem antisemitischen Pamphlet aus dem frühen 20. Jahrhundert, das angeblich geheime Dokumente über eine jüdische Weltverschwörung wiedergibt. Manch ein verwirrter Kritiker wollte ihn deswegen sogar des Antisemitismus bezichtigen. Aufklären, das will Eco: Das große Ganze an einem Detail verständlich machen und das Detail im Ganzen erläutern, bis Zusammenhänge klar werden.
Unterhaltend und belehrend
Und dann ist Umberto Eco auch noch ein begnadeter Kolumnist. Alle 14 Tage schreibt er in dem Wochenmagazin "L’Espresso seine La bustina di Minerva" – zu Deutsch: Streichholzbriefe. Auch hier übt er sich in der Kunst der Dekodierung gesellschaftlich-politisch-kultureller Phänomene. Franz Schuh kommentierte diese Briefe so: „Sie unterhalten und belehren zugleich; in ihrer Kürze und Themenvielfalt stacheln sie das Denkvermögen an, sie sind die ideale Übung für schwerere intellektuelle Aufgaben, als sie es selber sind.“
Seine profunde Kenntnis der europäischen Geistesgeschichte, gewürzt mit einer gehörigen Prise Ironie und Spitzbübigkeit, lassen ihn einen klaren Blick bewahren. Und das ist wohl eine der größten Tugenden in Zeiten des politischen und kulturellen Wirrwarrs, von dem wir umgeben sind.
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Burgtheater - Umberto Eco. Nullnummer