Roman von Salman Rushdie
Zwei Jahre, acht Monate und achtundzwanzig Nächte
Der Titel von Salman Rushdies neuem Roman ist eine prosaische Umschreibung für "1001 Nacht", jene orientalische Märchensammlung, der der fabulierfreudige Autor seine Reverenz erweist.
8. April 2017, 21:58
Service
Salman Rushdie, "Zwei Jahre, acht Monate und achtundzwanzig Nächte", Roman, übersetzt von Sigrid Ruschmeier, C. Bertelsmann Verlag
Originaltitel: "Two Years, Eight Months and Twenty-Eight Nights"
Salman Rushdie wurde 1947 in Mumbai geboren. Er studierte in Cambridge, lebt seither in England und zählt zu den bedeutendsten Schriftstellern englischer Sprache. Als nach Erscheinen seines Romans "Die Satanischen Verse" der iranische Revolutionsführer Ayatollah Khomeini im Februar 1989 das Todesurteil über den Autor verhängte, lebte dieser jahrelang unter Polizeischutz an geheimen Orten. Das Urteil gilt bis heute, das Kopfgeld wurde im Lauf der Jahre sogar auf über drei Millionen Dollar erhöht, Salman Rushdie jedoch lebt mittlerweile wieder ohne Bewachung.
Mr. Geronimo ist die heimliche Hauptfigur des neuen Romans - und eine Art Alter Ego des Autors: Als der Gärtner nach dem großen Sturm über New York, bei dem "Hausdächer wie orientierungslose Fledermäuse" durch den Nachthimmel flogen, zu jenem Anwesen gelangte, das sein ambitioniertestes landschafts-gärtnerisches Projekt war, verlor er buchstäblich den Boden unter den Füßen. Nicht nur, weil sich ihm ein Bild der Zerstörung offenbarte, sondern, weil er keinen Fußabdruck hinterließ. Mr. Geronimo schwebte.
Doch nicht mit ihm und der wundersamen "Schwerkraftanomalie" beginnt die Geschichte, sondern rund 800 Jahre früher in Spanien: mit Ibn Ruschd, einem großen Philosophen, der wegen seiner freisinnigen Ideen in Ungnade fiel. Seine Schriften wurden verboten, seine Bücher verbrannt. Ruschd - ein Rushdie des Mittelalters. Er war ein Widersacher des persischen Philosophen und Theologen Ghazali, der in allem "Gottes Wille" zu erkennen glaubte, während Ruschd, der Vernunftmensch, im Universum nicht allein den Allmächtigen, sondern auch die Gesetze der Natur walten sah.
Es ist dieser vom Autor zugespitzte Konflikt zwischen zwei Männern, die sich nie begegneten, deren Lebzeiten sich nicht überschnitten, der das ganze Buch durchzieht: der Konflikt zwischen Ghazali und Ibn Ruschd, zwischen Glaube und Rationalität, zwischen islamischer Orthodoxie und dem Absolutheitsanspruch der Religion auf der einen und Wissenschaft und Vernunft auf der anderen Seite.