Pritzker-Preis an Alejandro Aravena

Der chilenische Architekt Alejandro Aravena erhält den diesjährigen Pritzker-Preis, die weltweit höchste Auszeichnung für Architekten. Das haben die Organisatoren gestern in Chicago bekanntgegeben. Aravena ist der erste Chilene und erst der vierte Lateinamerikaner, der mit dem seit 1979 vergebenen Preis ausgezeichnet wird. Zu seinen herausragenden Arbeiten zählen Universitätsgebäude in Chile und den USA.

Morgenjournal, 14.1.2016

"Mehrwert statt Mehrkosten"

Alejandro Aravena schaffe gewaltige Architektur und wende sich zugleich den großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu, würdigt die Pritzker-Preis-Jury den 48-jährigen Chilenen. Einige seiner beeindruckenden Bauten stehen in Santiago de Chile, der Geburtsstadt Aravenas, in der er heute sein Architekturbüro betreibt.

Für die Universidad Católica in der chilenischen Hauptstadt hat er einen massiven Betonbau - das UC Innovation Center - oder gläserne Zwillingstürme errichtet: Alle Gebäude sind energieeffizient und tragen dem lokalen Klima Rechnung, nutzen das Tageslicht optimal und schaffen lebendige Treffpunkte. Architektur müsse beweisen, dass sie nicht Mehrkosten, sondern Mehrwert schaffe, so Aravena.

Bewohner bauen ihr Haus fertig

Diesen Beweis hat Alejandro Aravena bereits mehrfach erfolgreich angetreten. Mit der 2001 von ihm gegründeten Institution "Elemental" verwirklichte er bisher mehr als 2500 kostengünstige Wohneinheiten für unterprivilegierte Familien. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Einbeziehung der künftigen Bewohnerinnen und Bewohner in Planung und Bau. Statt mit geringem Budget sehr kleinen Wohnraum zu schaffen, wurde da etwa für ein Projekt im chilenischen Iquique nur die Hälfte der Fläche verbaut, und die Besitzer konnten den Rest ihres Hauses in ihrem Tempo und nach ihren Möglichkeiten selbst fertigbauen.

Von sozialen Bauten zu Mittelklasse-Häusern

"Unser Design war ein Zwischending zwischen Gebäude und Haus", erklärt der Architekt: Als Gebäude konnte es auf teurerem, zentraler gelegenen Grund stehen. Und als Haus konnte es sich erweitern. Da die Familien nicht an die Peripherien gedrängt wurden, konnten sie ihre Netzwerke aufrechterhalten und ihre Jobs behalten, und wir wussten, dass sie ihre Häuser bald erweitern würden. Und tatsächlich entwickelten sie ihre Wohneinheiten innerhalb weniger Wochen von sozialen Bauten zu Mittelklasse-Häusern."

Wiederaufbau der Stadt Constitución

Auf Partizipation setzte Alejandro Aravena auch 2010: Nachdem ein Tsunami Chile getroffen hatte, wurde er beauftragt, am Wiederaufbau der Stadt Constitución im Süden des Landes mitzuarbeiten. Für die Bevölkerung war es weder eine Option, den betroffenen Landstrich unbebaut zu lassen, noch eine Festung gegen künftige Tsunamis zu bauen. Schließlich kam man zur gemeinsamen Lösung, einen Streifen Wald zwischen Meer und Stadt zu errichten, um das Wasser zu zerstreuen und eine Überflutung zu verhindern.

Oberste Prämisse: Partizipation

Auch bei gewöhnlicheren Aufgaben sei es die oberste Prämisse, die Bevölkerung einzubeziehen, sagt Aravena - nicht, um gleich die richtigen Antworten zu bekommen, sondern um sich überhaupt einmal die richtigen Fragen zu stellen.

Die Auszeichnung mit dem Pritzker-Preis sei ein Ansporn, sich neuen Herausforderungen zu stellen, so die erste Reaktion von Alejandro Aravena, der in diesem Jahr auch Direktor der Architekturbiennale in Venedig ist. Die Verleihung findet am 4. April im UNO-Hauptquartier in New York statt.