"Totes Gebirge" in der Josefstadt

Der junge Oberösterreichische Autor Thomas Arzt hat sich innerhalb der letzten fünf Jahre zu einem der erfolgreichsten heimischen Gegenwartsautoren entwickelt. Morgen wird sein "Totes Gebirge" im Theater in der Josefstadt uraufgeführt. Stephanie Mohr inszeniert, es spielen u.a. Maria Köstlinger, Ulrich Reinthaller und Susa Meyer.

Mittagsjorunal, 20.1.2016

Als Hausautor feierte Thomas Arzt im Wiener Schauspielhaus mit "Grillenparz" und "Jonny Breitwieser" Erfolge, sein Stück "Alpenvorland" wurde beim Heidelberger Stückemarkt ausgezeichnet, er selbst mit Preisen und Stipendien überhäuft, wie etwa dem Thomas Bernhard Stipendium. Jetzt wird sein jüngstes Stück mit dem Titel "Totes Gebirge" im Theater in der Josefstadt uraufgeführt.

Die Seele ist längst kein weites Land mehr, sondern ein totes Gebirge, behauptet Thomas Arzt. Sein jüngstes Stück ist daher folgerichtig in einer psychiatrischen Klinik angesiedelt. Im Mittelpunkt stehen drei Patienten, ein Ärztin, ein Pfleger und eine Besucherin. Sie alle tragen Namen von Gebirgsgipfeln: Loser, Elm oder Woising. Das Tote Gebirge wird zur Metapher für ihre versteinerten Seelen, sagt Regisseurin Stephanie Mohr: "Die Weite ist gleichzeitig etwas Bedrohliches. Wenn sie ein weites Land ist, ist das voller Tücken und Dolinen und Löchern - wie das im Toten Gebirge ist."

"An der eigenen Freiheit scheitern"

Unsere Gegenwart leide am Druck der zu großen Freiheit, sagt Autor Thomas Arzt. "Ich hab das Gefühl, wir haben sehr viel mit Überforderung zu tun, die mit großer Freiheit zu tun hat, mit einem neoliberalen Gedanken, dass wir alles tun können und daher alles tun müssen - und dass daraus die Depressionen der Gegenwart entstehen, dass man an seiner eigenen Freiheit scheitert."

Tiefschwarze Heimatlieder von Franui

Uraufführungen empfindet Regisseurin Stephanie Mohr als Privileg, als erste in den Gedankenkosmos eines Autors einzutauchen. Bei Thomas Arzt schätzt sie seine präzise Beobachtungsgabe. Eine weitere tiefere Seelenschicht der Figuren legt auch die Musik des Ensembles Franui frei: tiefschwarze Heimatlieder mit moderner Rhythmisierung.

Behaglichkeit, die gar keine ist

Dass Thomas Arzt oft in die Nähe von Thomas Bernhard gebracht wird, hängt wahrscheinlich auch mit seiner grotesk-komischen Auseinandersetzung mit dem Heimatbegriff zusammen. "Wo das Biedermeier doch immer wieder auftaucht, und die Sehnsucht nach Behaglichkeit, die gar keine sein kann. Und der Ärger darüber, wenn die Behaglichkeit zerschlagen wird oder auch das Bedürfnis, selber die Behaglichkeit anzugreifen … also die fast schizophrene Seite des Österreichers, das haben zu wollen und es gleichzeitig zu attackieren."

"Zirkuläre Aufmerksamkeitshysterie"

Am Ende des Stückes steht ein Silvesterfest - traurig in seiner bemühten Ausgelassenheit und falschen Walzerseeligkeit. Man erwartet den Neubeginn wie einen Kometen, der erst die Zerstörung und dann die Hoffnung bringen soll. Doch was folgt, ist die ewige Wiederholung. Stephanie Mohr: "Es wird sich nichts ändern. Der Komet ist einfach nur das Feuerwerk, und im nächsten Jahr gibt's wieder ein Feuerwerk, und im nächsten Jahr steht wieder Emanuel Loser am Gerüst und will sich runterstürzen und sie spielen wieder 'Mensch ärgere Dich nicht' … eine zirkuläre Aufmerksamkeitshysterie - das ist doch ein wunderschöner Satz."

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