Tindersticks-Album: "The Waiting Room"
Morgen erscheint das zehne Album der britischen Band Tindersticks: "The Waiting Room". Es ist ihre erste Veröffentlichung seit vier Jahren. Nach Kompositionen für ein Weltkriegsmuseum in Belgien und dem Feiern des 20-jährigen Band-Jubiläums kehrt die Gruppe rund um Sänger Stuart A. Staples wieder zu ihren Wurzeln zurück - und zu jenem Sound, für den ihre Fans sie lieben.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 21.1.2016
Kleine Dramen reduzierter Traurigkeit
Es ist schön schummrig im Wartezimmer der Tindersticks. Hier, wo das Kerzenlicht den Raum nur spärlich ausleuchtet und die Songs wie Rauchschwaden dahindriften. Die Atmosphäre scheint vertraut. Wo Tindersticks draufsteht, ist immer noch grandios graue Romantik drin.
In diesem Universum gleitet alles irgendwie verlangsamt dahin. Träge Tristesse bestimmt hier die Geschicke, eine Tristesse aber, die mit so viel Wärme und Geborgenheit serviert wird, dass sie dazu einlädt, sich einfach darin fallen zu lassen.
Die Tindersticks sind große Erzähler, die leise, versponnene Mini-Märchen entwerfen. Im Zentrum steht dabei stets Sänger und Märchenerzähler Stuart A. Staples, dessen samtener Bariton die Songs einrahmt. Als Beobachtungen eines verlorenen 50-jährigen Mannes bezeichnet Staples "The Waiting Room". Ein verbindendes Motiv will er in den Songs nicht erkennen.
Die cineastische Komponente
Die drei Instrumentalstücke des Albums verweisen auf einen anderen Arbeitsbereich der Tindersticks, nämlich Film-Soundtracks. Und auch bei "The Waiting Room" gibt es eine cineastische Komponente. Sänger Stuart A. Staples lud elf Regisseure ein, je einen Kurzfilm für einen Song drehen. Das Ergebnis ist eine atmosphärisch dichte, einstündige filmische Meditation über die Stimmungen und Geschichten des Albums.
Die schönste Nummer des Albums ist "Hey Lucinda", ein romantisches, intimes Duett eines müden Paares. Hier ist man wieder in der warmen Tindersticks-Stube, wo die Welt draußen ganz weit weg ist. Aufgenommen wurde das Lied schon 2010 mit der inzwischen verstorbenen Sängerin Lhasa de Sela. Es wäre der pure Schmerz gewesen, sich diese Aufnahmen wieder anzuhören, meint Staples, der all seine Erfahrung der letzten 20 Jahre einbringen musste, um den Song fertig aufzunehmen.
Es sind erneut kleine Dramen voll reduzierter Traurigkeit, die die Tindersticks nach vier Jahren Pause hier vortragen. Und auch wenn "The Waiting Room" keine wirklich große Platte ist, finden sich hier dennoch Schmuckstücke, für die andere Bands sofort all ihre Instrumente verkaufen würden.