Thriller von Thomas Beckstedt

1888

Der Mord an Doktor Lafitte ist der Ausgangspunkt von Thomas Beckstedts in Wien angesiedeltem Debütroman "1888" - dabei handelt es sich um jenes Jahr, in dem sich dieses Verbrechen ereignet hat. In Deutschland ging das Jahr als "Dreikaiserjahr" in die Geschichte ein: Nach dem Tod von Wilhelm I. regierte für drei Monate der bereits totkranke Friedrich III. und schließlich bestieg Wilhelm II. den Thron.

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Thomas Beckstedt, "1888", Thriller, Braumüller Verlag

Historische Bezüge wie diese tauchen in Beckstedts Roman immer wieder auf: anhand von Zeitungsartikeln, die die Protagonisten lesen oder als Gesprächsthemen. Im Mittelpunkt steht jedoch zuerst einmal Doktor Richard Rollet, der des Mordes an seinem Kollegen Lafitte sowie an einer Prostituierten beschuldigt und zu Tode verurteilt wird. Dass die Hinrichtung jedoch nicht stattgefunden hat, ist schon zu Beginn der Geschichte zu erfahren:Im Jahr 1922 erhält Georg, ein in London lebender, gebürtiger Deutscher, ein Paket mit Tagebüchern, Manuskripten und weiteren Dokumenten. Der Absender ist Richard Rollet, den Georg zwölf Jahre zuvor bei einem Aufenthalt in der Schweiz kennengelernt hat. Georg möge ihm doch den Gefallen tun, aus dem vorhandenen Material einen Roman zu schreiben. Georg macht sich an die Aufgabe, schließlich hat er sonst nicht viel zu tun. Er begegnet der Prostituierten Ann, die zu seiner Gefährtin wird und ihn schließlich dazu ermutigt, nach Wien zu reisen, um vor Ort für sein Buch zu recherchieren. Immer mehr taucht Georg durch sein Schreiben und Recherchieren in die Vergangenheit ein. Er versucht zu rekonstruieren, was sich 1888 ereignet hat.

Beckstedt hat seine Geschichte in zwei Zeitebenen aufgeteilt: die Ereignisse von 1922 bzw 1923 sind in Ich-Form aus der Perspektive von Georg geschrieben, jene aus dem Jahr 1888 stellen Georgs Roman dar. Diese Metaebene wird aus mehreren Perspektiven erzählt, u. a. aus jenen des zu Tode verurteilten Richard Rollet und des Kommissars Johann de Vries, der von Rollets Unschuld überzeugt ist. Beckstedt wechselt gekonnt zwischen diesen beiden Zeitebenen und schafft es, dass man als Leser zwischendurch vergisst, dass es Georg ist, der von den Ereignissen der Vergangenheit berichtet, dass also nichts so ist, wie es scheint.

Spannend und flüssig geschrieben, entpuppt sich das Ende des Romans jedoch leider als eine ziemlich verworrene, unglaubwürdige Konstruktion: Es gibt einen Twist, der der Rezensentin nicht gefallen hat. Aber Geschmäcker sind bekanntlich verschieden, weshalb der Roman durchaus eine Empfehlung wert ist.