"Party Time" im Kasino des Burgtheaters
Harold Pinters Theaterstück "Party Time", geschrieben Anfang der 90er-Jahre, zeichnet das Sittenbild einer gespaltenen, mitleidslosen Gesellschaft. Während draußen die Welt zusammenbricht, wird drinnen munter weitergefeiert. Morgen hat "Party Time" im Burgtheater-Kasino am Wiener Schwarzenbergplatz seine Österreichische Erstaufführung.
8. April 2017, 21:58

Eine Szene aus dem Stück "Party Time", das am 31. Jänner 2016 im Kasino am Schwarzenbergplatz zur Erstaufführung gelangt.
APA/BURGTHEATER/REINHARD MAXIMILIAN WERNER
Service
Burgtheater - Party Time
Morgenjournal, 30.1.2016
Upper-Class wird ins Visier genommen
Eine elitärer, abgeschotteter Kreis macht Party, während ringsum Ausnahmezustand herrscht. Nein, die Rede ist nicht vom Akademikerball, wegen dem gestern weite Teile der Wiener Innenstadt polizeilich abgesperrt wurden, um Protestierende fernzuhalten. Es geht um das Theaterstück "Party Time", in dem Harold Pinter eine ignorante, oberflächliche Upper-Class-Gesellschaft ins Visier nimmt. Bei einer illustren Party übt man sich in eitlem Geschwätz und spinnt Intrigen. Was zeitgleich draußen auf der Straße passiert, erscheint bestenfalls als störendes Nebengeräusch.
Es war fast schon gespenstisch, wie das Theater bei der gestrigen Probe von der Realität eingeholt wurde: Das Kasino an der Kreuzung Ringstraße-Schwarzenbergplatz lag direkt an der polizeilichen Sperrlinie. Auf eigentümliche Weise habe ihn diese Situation inspiriert, so Regisseur Milos Lolic. "Ich habe sogar Schwierigkeiten gehabt, das Theater zu erreichen. Zwei Mal wurde ich aufgehalten und nach meinen Papieren gefragt. Die starke Polizeipräsenz und die Spannung, die in der Luft liegt, sind schon ein Zeichen, auch wenn ich die Situation hier nicht genau kenne. Aber sehen Sie, Harold Pinter hat das Stück Anfang der 90er-Jahre geschrieben, und jetzt sieht man, wie recht er hatte. Es wirkt fast so, als wäre es genau für diesen heutigen Tag in Wien geschrieben worden."
.
"Obere Zehntausend" die Macht ausüben
In Wien ist der Spuk am nächsten Morgen schon wieder vorbei. Doch Frankreich etwa erlebt seit den Anschlägen in Paris einen permanenten Ausnahmezustand. Die Mächtigen in Harold Pinters "Party Time" sind allerdings keine paranoiden Regierungen und keine rechte Elite: Es sind jene oberen Zehntausend, die für die Gesellschaft meist unsichtbar und trotzdem höchst einflussreich sind. Milos Lolic lässt alles gleich dreimal durchspielen: erst als elegante Cocktailparty, dann als hemmungslose Orgie, und schließlich als zugedröhnter Menschenhaufen, der sich nicht nur aller Verhaltensnormen, sondern auch seiner Kleidung entledigt hat. Ihm sei es darum gegangen, die von Pinter so treffend festgehaltenen bürgerlichen Sprachcodes zu dekonstruieren, sagt Lolic.
"Dinge wiederholen sich"
"Ich wollte auch zeigen, dass sich die Dinge wiederholen. Die Älteren und Weiseren unter uns rufen uns das immer wieder in Erinnerung. Die Politiker-Sätze von heute haben Reagan, Thatcher und all die anderen Monster aus der Vergangenheit auch schon gesagt. Das war mit ein Grund, warum wir das Stück in eine Schleife gesetzt haben."
Selbstbewusst macht sich Milos Lolic dabei Pinters Text zueigen und verlangt dem Ensemble auch körperlich einiges ab. "Party Time" ist die erste Inszenierung des Belgrader Regisseurs für das Wiener Burgtheater, falsche Bescheidenheit wird man ihm nach der morgigen Premiere aber jedenfalls nicht vorwerfen können.