Weichen für Präsidentenamt in Iowa

Iowa ist ein Bundesstaat der USA mit Symbolcharakter mit dem Ruf, Vorreiter zu sein, wenn es um den künftigen Präsidenten der Weltmacht geht. Wer in Iowa die Vorwahl seiner Partei gewinnt, der spürt den Aufwind Richtung Weißes Haus - zumindest bei Jimmy Carter, George Bush dem Jüngeren und Barack Obama war das so - seit den frühen Siebzigerjahren hat Iowa den Mythos des Präsidentenmachers.

Mittagsjournal, 1.2.2016

Aus Iowa,

Mitten in der amerikanischen Prärie liegt der US Bundestaat Iowa. Ein von der Landwirtschaft geprägter Bundesstaat mit nur 3 Millionen Einwohnern, aber einer großen Besonderheit: alle vier Jahre finden hier die ersten Vorwahlen im US-Präsidentschaftswahlkampf statt. Und die haben Signalwirkung: Wer in Iowa gut abschneidet, der bekommt Fahrtwind für die kommenden Monate. Wer sich hingegen nicht behauptet, für den ist der Wahlkampf praktisch vorbei. Heute Abend ist es also soweit: Bei den Demokraten kämpft die ehemalige First Lady Hillary Clinton gegen ihren Herausforderer Bernie Sanders, noch spannender wird es für die Republikaner; bei ihnen dreht sich alles um die Frage, ob der in den Umfragen führende Donald Trump tatsächlich seine Wähler mobilisieren kann.

Sie sprechen in Bowlinghallen, Pizzaläden, Dorfbibliotheken und sogar Schießständen – in Iowa sind die Präsidentschaftskandidaten los, denn hier geht’s jetzt ums Ganze: Ihr seid die allerersten, die in diesem Wahljahr entscheiden können, wer euch vertreten soll, ruft Hillary Clinton in der Basketballhalle einer High School ihren Anhängern zu. Ihr habt es in der Hand – überlegt gut, wählt mich, denn es geht um viel.

Mehr als 1.200 Mal haben die Präsidentschaftskandidaten seit dem Sommer Iowa besucht. 34 Millionen Dollar haben sie alleine für Werbespots im Fernsehen ausgegeben. Denn Iowa ist der Startschuss für den wirklichen Vorwahlkampf: weil wir die ersten sind, sind wir so wichtig, sagt Rachel Paine Caufield, Politologin an der Drake University in der Hauptstadt Des Moines. Iowa ist der erste handfeste Hinweis darauf, was und wie die amerikanischen Wähler wirklich denken.

Dabei stellt das hauptsächlich von der Landwirtschaft geprägte Iowa gerade einmal eineinhalb% der Gesamtbevölkerung dar. Auf nur 3 Millionen Einwohner kommen 21 Millionen Schweine. Und wählen gehen bei diesen Vorwahlen überhaupt nur rund 200.000 Menschen: Iowa ist auf keinen Fall repräsentativ für die USA, bestätigt Paine Caufield. Die Leute hier sind überdurchschnittlich weiß, älter, und auch religiöser als der Durchschnitt in den USA. Aber ideologisch ist Iowa sehr vielseitig. Und das heißt, jeder Kandidat kann hierher kommen, und Unterstützer finden.

Und es gibt noch etwas, das Iowa so besonders interessant macht: die Art und Weise nämlich, WIE gewählt wird. Der Prozess wird Caucus genannt. Während in anderen Bundesstaaten die Wähler ganz traditionell in Wahlkabinen ihr Kreuz machen, funktionieren die „Caucuses“ wie Gemeindeversammlungen aus dem 19. Jahrhundert, Nachbarschaftstreffen quasi, in Gemeindesälen, Kirchen, Klassenräumen, und manchmal sogar in privaten Wohnzimmern.

Pünktlich um 7 Uhr abends geht’s los: Demokraten und Republikaner versammeln sich, Vertreter der Kandidaten halten ein Schlussplädoyer. Bei den Republikanern wird dann anonym auf Papierstreifen abgestimmt. Die Demokraten hingegen müssen mehr Einsatz zeigen: Das heißt, sie müssen aufstehen und sich in die Ecke stellen, die für ihren Kandidaten vorgesehen ist, erklärt Rachel Paine Caufield. Sie können sich aber währenddessen umentscheiden, sie diskutieren, versuchen einander zu überreden. Es wird verhandelt und geworben. Es ist laut, es ist chaotisch.

Und das hört sich so an – wie hier, bei einem Caucus-Training auf der örtlichen Universität. Bernie Sanders ist zu weit links, kommt und wählt für Hillary – rufen da die einen – Hillary ist eine Marionette der Großen Banken, schimpfen die anderen.

Basisdemokratie auf Amerikanisch also. Nirgendwo sonst ist es deshalb für die Kandidaten so wichtig, ein gutes Netz an engagierten Aktivisten und Anhängern zu haben. Nirgendwo sonst müssen sie so viel Vorarbeit leisten: Der wahre Grund, warum wir derart wichtig sind, ist dass wir diese Vorwahl sehr ernst nehmen, sagt Andy McGuire, die Chefin der Demokratischen Partei in Iowa. Wir stellen Fragen, wir lassen nicht locker. Wir schauen den Kandidaten in die Augen und fragen: Wer bist du wirklich? Abseits von den Werbespots?

Die Caucuses in Iowa heute Abend sind also mehr als eine Vorwahl in einem kleinen ländlichen Bundesstaat. Sie haben Signalwirkung. Ein kleiner Stein im Wasser, der große Kreise ziehen kann.