Von Durs Grünbein

Die Jahre im Zoo

Der deutsche Schriftsteller und preisgekrönte Lyriker Durs Grünbein erzählt in seinem aktuellen Buch von seiner Herkunft und seiner Kindheit in der DDR - ein Kaleidoskop aus autobiografischer Prosa, Poemen, Reflexionen und Fotos des Büchner-Preisträgers.

Durs Grünbein wurde 1962 in Dresden geboren, studierte Theaterwissenschaften in Berlin, bevor er Ende der 1980er Jahre als Schriftsteller debütierte. Nun hat er mit "Die Jahre im Zoo" sein erstes autobiografisches Werk verfasst. Gleich im ersten Satz wird der quasi metaphysische Hintergrund des Unterfangens - das eigene Leben in die große Geschichte einzuschreiben und vice versa - genannt:

Service

Durs Grünbein, "Die Jahre im Zoo", Suhrkamp Verlag

Die Zeit - Das verlorene Paradies

Die Rede ist von der Bombardierung Dresdens im Februar 1945 durch die britische und amerikanische Luftwaffe. Im Erdgeschoß besagten Hauses wohnen die Großeltern, im Dachgeschoß der kleine Durs und seine Eltern. Im Haus befindet sich eine Fischhandlung, aus der es ständig stinkt. Der Großvater, "ein Stoiker des Sitzens", sitzt da und schweigt fast immer. Auf diese Weise erholt er sich von seiner schweren Fleischhauer-Arbeit, die nur im Stehen verrichtet werden kann.

Mit gewissem Stolz erinnert sich Grünbein an sein Rabaukentum als Kind, daneben stehen die Momente verträumter Ausflucht aus dem DDR-Alltag durch stundenlanges Sitzen auf einem Kirschbaum. Das Unterfangen, die Vergangenheit im totalitären DDR-Staat schonungslos zu analysieren, ohne banal zu moralisieren und dabei jene Reste freizulegen, die es wert sind, freigelegt zu werden, verlangt nicht nur eine neue Sprache. Es verlangt auch Mut und Können. Durs Grünbein verfügt über all das. Vor allem gelingt es ihm aber, das ganze Spektrum an dabei frei werdenden Emotionen darzustellen, von Verachtung und Hass bis zu den gebotenen Liebeserklärungen. Mehr kann man von Literatur nicht verlangen, mehr kann Literatur auch nicht leisten.