EU auf Konfrontation zu Österreich

In Brüssel kommen heute wieder die Innenminister der EU zu Beratungen über die Flüchtlingskrise zusammen. Einen Tag nach einem Sondertreffen zur Balken-Flüchtlingsroute in Wien dürften dabei viele Augen auf Österreichs Teilnehmerin, Innenministerin Johanna Mikl- Leitner gerichtet sein. Österreich wird jetzt in Brüssel als Staat gesehen, der Einzelmaßnahmen setzt und dabei mit der EU- Kommission auf Konfrontationskurs geht.

Johanna Mikl-Leitner

APA/HELMUT FOHRINGER

Morgenjournal, 25.2.2016

Aus Brüssel,

Gestern - Westbalkan-Konferenz in Wien, heute - Treffen der EU-Innenminister in Brüssel. Wieder geht es um die Flüchtlingskrise. In Brüssel haben viele die gestrige Veranstaltung in Wien mit einigem Missfallen beobachtet. Denn Österreich hat niemanden von der Europäischen Kommission eingeladen und niemanden aus Griechenland; jenem Land, das von dem, was da gestern in Wien ausgemacht wurde, stark betroffen ist. Mit der Position Österreichs und seiner Innenministerin kann man in Brüssel immer weniger anfangen.

Fallende Dominosteine

Schon sehr früh geht es diesmal für einige unter den Teilnehmern los. Die Niederlande, die den Vorsitz im Rat der EU führen, haben zur Frühstückszeit zu einem separaten Treffen einer kleineren Innenministerrunde von mit dem Thema Westbalkanroute geladen. Aber diesmal sind neben Österreich, Kroatien und Slowenien auch Deutschland und Griechenland mit dabei, die Staaten, die gestern beim Balkantreffen in Wien nicht geladen waren.

Das, was Österreichs Innenministerin Johanna Mikl-Leitner als Kettenreaktion der Vernunft bezeichnet hat, wird hier in Brüssel meist eher als eine Reihe fallender Dominosteine beschrieben. Von Österreich ausgehend, macht ein Staat nach dem anderen entlang der Flüchtlingsroute seine Grenzen undurchlässiger, und am Ende stauen sich tausende in Griechenland, wo die Empörung darüber besonders groß ist und Regierungschef Alexis Tsipras nun schon mit der Blockade von EU-Beschlüssen droht, wenn die versprochene Weiterverteilung nicht in großem Maßstab in Gang kommt.

Allerdings ist auch Griechenland bei der EU- Kommission nicht besonders gut angeschrieben. Der Vorwurf, die Registrierung der Flüchtlinge mache zu langsame Fortschritte, gilt nach wie vor, und damit bleibt die Drohung mit dem Ausschluss Griechenlands aus dem Schengen-Raum aufrecht.
Aber auch Österreich steht jetzt unter scharfer Beobachtung, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker lässt daran keinen Zweifel. Die Kommission befinde sich derzeit in einem Rechtsstreit mit Österreich.

Höflichkeit und Grundsätze

Die Linie der EU-Kommission: Österreich sei verpflichtet, jeden Asylantrag anzunehmen, der auf seinem Territorium gestellt wird, Tagesobergrenzen seien unzulässig. Und Menschen, die nach Deutschland wollen, weiterreisen zu lassen, entspreche ebenfalls nicht den Spielregeln. Eigentlich wären sie an der Grenze abzuweisen. EU-Kommissionspräsident Jean Claude Juncker setzt seinen Ausführungen aber eine versöhnliche Bemerkung hinterher: in Österreich sollte man nicht denken, dass es eine konzertierte Aktion gegen Österreich ist. Er sei voller Bewunderung für die Anstrengungen, die Österreich in den vergangenen Jahren in der Flüchtlingspolitik gemacht habe.

Höflichkeit ist das eine, Grundsätze das andere. Und dazwischen liegt so etwas wie Realpolitik. Nur hat die derzeit für jeden der hier Versammelten ein höchst unterschiedliches Gesicht.