Kluft zwischen SPÖ und ÖVP vor Pensions-Gipfel

Es war vor fast einem Jahr, am 23. März 2015, da hat die Regierung auf Ihrer Klausur in Krems vereinbart, durchaus auf Druck der ÖVP, bis 29. Februar 2016 zu entscheiden, ob es weitere Änderungen brauche, um das Pensionssystem zu sichern.

Die ÖVP ist davon felsenfest überzeugt, und hat dies in diesem letzten Jahr immer wieder öffentlich deponiert. Allerdings zeigt der Blick in die Archive auch, wie sie mit Näherrücken des Pensionsgipfels ihre Forderungen mehr und mehr zurückschraubt hat. Der Grund ist einfach: Mit dem Koalitionspartner SPÖ kann die ÖVP ihre Pläne nicht umsetzen, denn die Kanzlerpartei sieht - man kann sagen traditionell - bei den Pensionen wenig bis keinen Handlungsbedarf.

Morgenjournal, 27.2.2016

Wie ein roter Faden zieht sich der ÖVP-Ruf nach einer schnelleren Anhebung des Frauenpensionsalters vor dem vereinbarten Jahr 2024. So sagte Parteichef Reinhold Mitterlehner Mitte Juli: „... denn ansonsten bleiben wir bei wirklich sehr hohen Kosten und bei einem System, dass das letzte ist, dass in Europa die Drehung macht. Alle anderen haben das vor uns schon in die Wege geleitet.“

Wie auch bei ähnlichen Aussagen zuvor, kam postwendend das SPÖ-Nein. Im Herbst ließ ÖVP-Finanzminister Hans Jörg Schelling von Experten ein Pensionspapier erarbeiten. Anfang Dezember sickerten die Pläne durch, und da war alles dabei, was die SPÖ als „Grauslichkeiten“ seit jeher definiert hat: Automatischer Nachhaltigkeitsmechanimus, schnellere Anhebung des Frauenpensionsalters, Einfrieren des Bundesschusses. Schelling damals: „Ich teile die analytischen Erkenntnisse, dass die Maßnahmen, die bisher gesetzt wurden, langfristig nicht ausreichend sein werden, um die Pensionen zu sichern.“

SPÖ-Sozialminister Rudolf Hundstorfer wirkte damals genervt: „Ich bin bei gewissen Experten-Papieren jetzt wirklich schon langsam allergisch.“ Und: „Einfrierung des Bundeszuschusses heißt, keinerlei Erhöhungen der Pensionen mehr in der Zukunft. Das heißt Altersarmut. Und das heißt auch für die, die jetzt aktiv beschäftigt sind, gibt es keine Hinzurechnungen.“

In der ÖVP war man freilich sehr bemüht, die weitgehenden Expertenvorschläge nicht als ÖVP-Gesamtlinie hinzustellen. Statt Automatismus sprach man nun von einem Gerechtigkeitsmechanismus. Bei der SPÖ biss man weiter auf Granit. Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek kürzlich:„Nein zu einer Pensionsautomatik, wenn sie jetzt vielleicht auch anders bezeichnet wird.“

„Ich möchte keinen Automatismus, den man im Nachhinein bereut“, so Kanzler Werner Faymann im Dezember. Bei den Frauenpensionen versuchte es Schelling zwar noch mit einer Variante-Light: Schnellere Anhebung ja, aber in kleineren Schritten. „Das wäre ein Kompromiss, den man in dieser Frage anstreben kann“, so Schelling damals.

Doch inzwischen hat auch die ÖVP dieses Vorhaben komplett aufgegeben. In der SPÖ wirft man dem Koalitionspartner generell Klientelpolitik vor, weil sie immer nur die große Gruppe der ASVG-Versicherten im Auge habe, die sich ihre Pensionen aber zu fast 90 Prozent selbst bezahlt. Anders als Selbstständige, Bauern oder Beamte. Klubobmann Andreas Schieder: „Diese Einäugigkeit der ÖVP halte ich für falsch und daher werde ich das auch stark zur Diskussion stellen.“

Zwischen dem roten Mantra: "Die Pensionen sind sicher" und dem schwarzen: "Wir müssen jetzt aber handeln", wird nun am Montag nach einer Lösung gefahndet, die - und das ist ganz wichtig - den Hofburg-Wahlkampf der Koalitionskandidaten nicht torpediert.