Dschihadisten-Prozess Graz: Urteil möglich

Im Grazer Terror- und Mordprozess gegen einen Syrienheimkehrer und den islamistischen Prediger Mirsad O. könnte es heute ein Urteil geben. So jedenfalls sieht es der ursprüngliche Zeitplan des Gerichts vor. Am Vormittag haben sich Richter und Geschworene wieder stundenlange Reden des Predigers angehört und neue Zeugen einvernommen. Da war auch von Schießübungen in Wien zu hören.

Mittagsjournal, 29.2.2016

Aus Graz,

Es dürfte mehrmals Schwimmausflüge auf die Donauinsel gegeben haben – Ausflüge des Predigers Mirsad O., seiner Anhänger und Freunde – Auch der mordangeklagte mutmaßliche IS-Kämpfer, ein gebürtiger Tschetschene soll dabei gewesen auf der Donauinsel. So hat´s hier am Grazer Gericht ein Zeuge berichtet, der in Wien bereits verurteilt wurde. Zumindest einmal hat sich das als Schießübung auf der Donauinsel entpuppt, sagt ein Richter und fragt: „Wer hatte die Idee?“ Weiß ich nicht, antwortet der Zeuge. Und relativiert dann. Es habe sich ja nur um Softguns- oder Plastikmunition gehandelt. Und der Angeklagte Mirsad O., der kann sich heute nicht erinnern, dabei gewesen zu sein.

Dieser konkrete Zeuge hat gesagt – über Aufrufe zum Terror und dazu in den Dschihad zu ziehen, haben wir nie geredet. Und er hat auch damit den Prediger eher entlastet. Aber es sind heute auch stundenlange Vorträge von Mirsad O., angehört worden, die von CDs oder aus dem Internet stammen. Auch die waren nicht eindeutig als Aufruf zum Terror zu verstehen. Aber immer wieder spricht der Prediger auch da wieder vom Schlachten – und Geschlachtet Werden nach seiner Sprache offenbar auch Menschen. Oft verwendet er den Begriff Sekten und zählt dazu anscheinend auch die Schiiten, Alawiten, Sufis, ja anscheinend sogar manche Sunnitische Moslems. Ich zitiere: Der wahre Weg ist der, auf dem ich bin und meine Freunde sagt Mirsad O. er hat sich offenbar zum ganz kleinen Kreis der Rechtgläubigen gezählt und – laut einem Gutachter ist er ja als Dschihadist zu sehen, der mit IS und Al Kaida sympathisiert hat.

Vor Beginn des Verfahrens hat Mirsad O.s Anwalt von 30 möglichen Entlastungszeugen gesprochen, die wohl alle aussagen könnten, dass der Prediger nicht aufgerufen habe dazu, nach Syrien in den Dschihad zu ziehen. Meines Wissens ist von ihnen noch keiner gehört worden. Aber zum Teil haben die von der Staatsanwaltschaft nominierten Belastungszeugen eher entlastend ausgesagt. Jener Mann, der vergangene Woche wegen angeblich falscher Zeugenaussage verhaftet wurde, der soll nun vor dem Haftrichter erklärt haben, er sei eingeschüchtert worden. Unter anderem bei einer Hochzeit soll jemand ihn aufgefordert haben nicht gegen Mirsad O. auszusagen, weil die Muslime gegen die Christen zusammenhalten müssten. Und eine Forderung des Verteidigers versucht das Gericht jedenfalls zu erfüllen. Nämlich, dass ganze Vorträge und nicht nur womöglich aus dem Zusammenhang gerissene einzelne Aussagen des Predigers angehört werden im Gerichtssaal.

Ob es heute ein Urteil gibt ist schwer zu sagen. Geplant war das ursprünglich. Und es ist jedenfalls eine Abwägungsfrage für die drei Richter. Sie wollen sicher verhindern, dass der Oberste Gerichtshof das Urteil wegen Nichtigkeit aufhebt. Daher müssen sie eben zumindest einen Teil der Forderungen der Verteidiger erfüllen. Aber welche Anträge die stellen, das ist noch nicht endgültig bekannt. Vorstellbar wäre auch, dass die Richter die Geschworenen fragen, ob sie denn schon genug wissen, um über Schuld und Unschuld zu entscheiden – und wenn ja dann könnte es heute wohl erst spät am Abend ein Urteil geben.