von Marie-Claire Messinger
Randnotizen
Das Kochbuch von S., die Badner Bahn, die Gemeinderatswahlen in Tirol, der Film über die Suffragetten in GB, Fastensuppen, Diäten. Meine Sozialisation als Autofahrerin - und wie sich entwöhnen? Die Sammlung an Themen, die letzten Tage am Rand notiert. Die vergangene Woche war so "Kraut und Rüben" wie diese Liste. Zuviel, zu viel Verschiedenes, nicht zusammenhängendes, scheinbar.
8. April 2017, 21:58
Ein überforderter Kopf
Die Arbeit an einer Sendung über das Gedächtnis, Untertitel – das Gedächtnis mein Glück, bringt mich in das Zentrum für Hirnforschung in die Spitalgasse in Wien. Als das Interview im Kasten ist, habe ich bereits vergessen, wie ich wieder aus dem josefinischen Prachtbau am Alsergrund herauskomme. Eine hilfsbereite Frau führt mich zum Ausgang.
Nur ein paar Schritte vom Zentrum für Hirnforschung entfernt werde ich hektisch. Beginne in der Handtasche zu kramen, verfluche die 5 Fächer darin, verfluche mich ob der Wahl dieser Tasche, klopfe die Manteltaschen ab, nach Handy, Handschuhe, Haube, Schal, Schlüssel, nach dem Windschutz für das Mikrophon, auch genannt "Überzieher". Im Zweifel, ob nicht die Brille, der Kalender, das Handy, der Schal und die Haube im Büro des Professors zurückgeblieben sind. Ein Gwirks, ist es mit diesem Gedächtnis.
Darüber haben wir auch gesprochen, der Professor und ich: Ein Zuviel an Information, wird von einem überforderten Gehirn gnadenlos weggeschmissen, und das führt dazu, dass wir seufzend ausrufen: "Wo hab ich nur mein Hirn!" Das Hirn ist eh da, wir sind nur nicht harmonisiert mein Hirn und ich. Ich gebe ihm Futter und Futter, und es ist schon längst satt, zum Erbrechen satt. Das Hirn kann sich nicht auskotzen, es schaltet auf Durchzug.
Durchzug
Was mich zur Lokal Bahn bringt, auch Badner Bahn genannt. Ich betrachte mich vom Leben verwöhnt, weil ich auf meinem Weg zu Arbeit oder "in die Stadt" so man sagt, wenn man ins Zentrum fährt, aus drei verschiedenen Straßenbahnlinien wählen kann. Eine, die Badner Bahn, ist mir die allerliebste, und ich finde Sie sollten einmal einfach so, zum Spaß mit ihr aus der Stadt oder in die Stadt fahren – am Ende der Fahrt werden Sie belohnt.
Meine Reise dauert jedes Mal genau vier Stationen. Kurz, aber doch irgendwie erhebend. Irgendwie nach Urlaub klingend. Vielleicht wundern Sie sich da draußen über dieses kleine Glück, Menschen in anderen Teilen Österreichs werden daran nichts Erhebendes finden, mit Zügen, S- Bahnen, Bussen etc. unterwegs zu sein, fahren zu müssen, weil sie aus und ein pendeln, oder Ämter aussuchen müssen, die in anderen Städten liegen.
Es ist zwar nur eine Stimme, die mich so freut, vom Tonband, das kein Band mehr ist: "Sehr geehrte Fahrgäste, wir sind am Ziel, ich hoffe sie hatten eine gute Reise". Eine freundliche Ansprache, aus der Zeit herausgefallen. In der Badnerbahn drücken sie auch nicht auf "Stopp", wenn sie bei der nächsten Station austeigen wollen, sondern Sie haben einen "Haltewunsch", der wird gedrückt.
Ich gebe zu, dass ist nicht sehr international oder City-like, oder modern, und es mag Menschen nicht deutscher Muttersprache irritieren. Aber dieser Umstand birgt auch die Möglichkeit, das Gespräch mit einheimischen Badner Bahn-Fahrenden zu suchen.
Buchstabensuppte für das Gehirn
Was mit positiven Emotionen gelernt wird, prägt sich besser und nachhaltiger ein, hat der Professor im Zentrum für Hirnforschung gesagt. Dieser Wirkmacht bedient sich auch das Projekt Wiener Wortstätten. Die Wiener WOrtstätten servieren schon seit 10 Jahren regelmäßig "Buchstabensuppen". Literatur und Suppe nach Rezepten von Autorinnen, deren Muttersprache nicht deutsch ist, die aber auf Deutsch schreiben.
Wiener Wortstätten sind ein interkulturelles Autorentheaterprojekt, das die Auseinandersetzung und Vernetzung zwischen österreichischen und internationalen Autorinnen und Autoren fördert,
Heute abend, am Extra-Tag, um 19.30 gibt es ein "Best Of" der Reihe "Die Sicherheit der Sicherheit" mit Texten über Hochseilartisten, Lastwagenfahrern, Menschen in der Midlife Crisis und über Unsterbliche.